Abbildung: Titelseite Jungenleben August/September 1953, Zeitschrift des Bundes Deutscher Pfadfinder, Verlag Die Brigg, Augsburg, Schriftleitung Kajus Roller
Es gibt viele schöne Artikel und Bücher um unsere Kohten und Jurten, sowie den Ursprüngen der Schwarzzelte. Hier möchten wir euch eine Auswahl vorstellen.
Gerne freuen wir uns auch über Tipps und Anregungen, was euch gefällt, was ihr gefunden habt und zum Thema Jurten und Kohten passt.
Ein herzlicher Dank geht hier auch an den Verlag der Jugendbewegung (www.jugendbewegung.de [1]) der uns freundlicherweise erlaubt seine Texte auch in umfangreicheren Passagen wiederzugeben.
Ebenfalls danken wir dem Archiv der Jugendbewegung auf Burg Ludwigstein für die Möglichkeit, in alten Publikationen zu Kohte und Jurte recherchieren zu können.
Zeitung Deutsche Freischar, Titel: Till Gies, Paderborn
Auf der Grundlage einiger Reaktionen zu seinem Artikel "75 Jahre Kohte [5] " schreibt dadarish noch eine Fortsetzung zu diesem und geht dabei insbesondere auf die Entwicklung und Verbreitung der Jurte vor dem zweiten Weltkrieg ein.
Text, Graphiken und Fotos aus:
75 Jahre Jurte ... von; dadarish (Dieter Geißler), in: Deutsche Freischar (Hrsg.) ZEITUNG 1/2005
Nachdem ich in vorangegangenen Ausgaben der ZEITUNG, besonders aber in Nr. 1/2004, die Entstehungsgeschichte und den praktischen Einsatz der bündischen Kohte relativ ausführlich dargestellt habe, möchte ich dieses Mal einige, wie ich hoffe, nicht ganz uninteressante Nachträge anfügen und dabei besonders auch auf die zweite Schwarzzelt-Variante eingehen, auf die Jurte.
Zuvor noch dies: natürlich bin ich nicht im Besitz der gesamten Wahrheit. Verschiedene Leserbriefe und sonstige Beiträge, die in den letzten Heften veröffentlicht wurden, verhelfen uns denn auch zu einem noch differenzierteren Bild über die Verwendung und Verbreitung der Kohte besonders in den 30er Jahren und dann wieder ab 1945. Ich hoffe daher, dass sich Leserinnen und Leser der ZEITUNG in dieser Sache weiterhin zu Wort melden. - Das Thema soll allerdings auch nicht tot geritten werden und bevor die Gefahr allgemeiner Ermüdung droht, bitte ich um deutliche Signale, damit ein rechtzeitiges Ende gemacht werden kann.
Wie aus den von mir durchgesehenen bündischen Zeitschriften und anderen Quellen hervorgeht, wird die Kohte, das neue bündische Feuerzelt, ab 1928 in einem Teil der Jugendbewegung ganz allmählich zum Dauerthema. Sie erscheint zunehmend in verschiedenartigen Text- und Bildveröffentlichungen, vermehrt im ´Lagerfeuer´ zwischen Januar 1931 und Juni 1932, besonders dann aber im ´Eisbrecher´ - vom Oktober 1932 an bis Juli 1934 praktisch in jeder seiner Ausgaben, z. T. mehrfach. Danach nimmt die Zahl der Veröffentlichungen ab.
Die Jurte allerdings tritt unter den von mir durchgesehenen bündischen Zeitschriften nur im „Eisbrecher" in Erscheinung und dies erst recht spät und nur sehr vereinzelt. Auch die wiederholte genaue Durchsicht der Hefte hat zu keinem anderen Ergebnis geführt. Über diese unerfreuliche Feststellung kann vielleicht ein wenig hinwegtrösten, dass bei dieser nochmaligen Recherche immerhin einige weitere Details zur „Kohten-Forschung" zu Tage traten, auf die ich zunächst eingehen möchte.
In „75 Jahre Kohte - mit der Freischarlilie fing es an" (s. ZEITUNG 1/2004 [6] ) hatte ich über die erste, von ´tusk´ und Gari - mit Hilfe von Lene Ruckwied - geschaffene bündische Kohte geschrieben, ´tusk´ sage leider nichts zu der von ihm getroffenen Farbwahl, hatte aber anhand konkreter Hinweise vermutet, es könnten, neben dem Weiß des Zelttuches, die Farben Schwarz, Zinnoberrot und Kobaltblau gewesen sein. Wie sich jetzt zeigte, hatte sich ´tusk´ sehr wohl zu dieser Sache geäußert, wenn auch an einer etwas verborgenen Stelle, und dort fand ich meine Vermutung bestätigt. Im Eisbrecher, Heft 4 von 1933, S. 96 ff., beginnt ´tusk´ einen über mehrere Nummern hinweg fortgeführten Aufsatz mit dem Titel „Die ersten Kapitel einer jungen Bewegung". Er setzt sich in diesem Text mit der Entstehung und Entwicklung der dj.1.11 auseinander und behandelt dabei u. a. seinen Konflikt mit der Bundesführung der damaligen Deutschen Freischar. An anderer Stelle geht er aber auch auf die erste (prototypische) bündische Kohte ein und auf das Kollenburg-Lager von 1928, auf dem sie das erste Mal in einem größeren Rahmen gezeigt wurde.
Die Ur-Kohte an der Ostsee 1928
Foto aus: Eberhard Köbel und Ingo Kaul (Schriftleiter): Das Lagerfeuer - 21. Jahrgang des "Pfadfinder", Heft 1, Atlantis-Verlag Berlin-Zürich 1931, Seite 7
Dazu schreibt er auf S. 97 f. Folgendes: „Nach dem Osterlager bauten wir eine Kohte aus farbigem Segeltuch und Bambusstäben. Zwar reichte sie an eine echte Lappenkohte nicht heran. Aber als wir sie rot, weiß, blau, schwarz in der Sonne stehen sahen, oder abends um ihr Feuer hockten, waren wir stolz. Die einzelnen Teile benannten wir lappisch: puaschu, schalju, otoris. Auch setzten wir uns auf die Beine, wie es die Lappen tun, und nicht auf den Hintern, wie die Ungewohnten. Tage werden kommen, an denen Kohtendörfer rauchen. ... Einmal, die Sonne brannte und der weiße Staub blendete, fuhr ich mit Zäpfel auf dem Motorrad ins Maintal, um einen Sommerlagerplatz zu suchen. Wir fanden eine alte Burg hoch über dem Main, grasbewachsen mit Kellern, Türmen, Brücken. Kein besserer Platz für ein Jungenlager ist denkbar! Wir beschrieben ihn in den „Briefen an die schwäbische Jungenschaft!" Wochen später rückten die Kolonnen durchs Burgtor, in einheitlicher Tracht, kraftgeladen, diszipliniert. Das waren gesegnete Tage! Abends saßen wir in unserer Kohte. Sie leuchtete wie ein Lampion. Auf dem Turm stand regungslos die Wache: ein Bub mit Speer und Messer. Drunten auf dem Main zogen Schleppzüge mit kleinen Lichtern."
(Bei „Zäpfel", mit dem zusammen ´tusk´ diesen Sommerlagerplatz suchte und fand, handelt es sich um Walter Kern, den damaligen „Führer der Schwäbischen Jungenschaft in der Deutschen Freischar". Im Herbst kam es zwischen beiden zu einem von ´tusk´ provozierten Konflikt um die Führungsfrage, in dessen Folge der Gau Schwaben geteilt wurde. ´Tusk´ übernahm Schwaben II als Gauführer.)
Als die Kohte dann ab Februar 1931 bei Tadep aus der Serienfertigung angeboten wurde - zunächst exklusiv „nur auf Bezugsschein von dj.1.11" - da war sie bekanntlich nicht bunt, sondern aus schwarzem Tuch. Ihre öffentliche Premiere hatte diese Serien-Kohte auf dem „Sühnelager" der dj.1.11 zu Ostern 1931 in Österreich (s. u.). ´Tusk´ schreibt dazu in seinem Bericht über „Das große Lager": „Ich sah die Reihe der schwarzen Pyramiden ... das war geschafft! Wir hatten im Winter eine Kohtenkonstruktion erfunden, die sich bewährte. Die schwarzen Tücher, aus denen eine Kohte besteht, werden jetzt serienweise hergestellt." Auf einem Foto in „Versuche über Eberhard Koebel" (s. u.) sind vier Kohten zu sehen, zwei bereits mit Ornamentstreifen. - Später, ab dem Eisbrecher Nr. 10, Juli 1933, inserierte das ´Sankt Georg Rüsthaus deutscher Jugendbünde´ (Plauen im Vogtland) vorgefertigte Ornamentstreifen zur individuellen Gestaltung als Kohtenzubehör in den Farben „silbergrau, rot, hellblau oder stahlblau".
Zwei Nummern später verkündet die „Anschlagsäule", die Nachrichtenseiten des Eisbrecher: „Ausbildungshefte: Allzeit bereit. Der Verlag Günther Wolff gibt ausgezeichnete technische und kulturelle Ausbildungshefte heraus. ... Soeben erschien das Heft: Die Tuchkohte von tusk, das alles Wissenswerte über Geschichte, Aufbau und Pflege der Kohte und ihrer Kultur enthält." Am Ende dieser Eisbrecher-Ausgabe findet sich zusätzlich die Anzeige: „Soeben erschienen: Die Tuchkohte von tusk als Ausbildungsheft 62, Preis: 20 Pfg. Verlag Günther Wolff / Plauen i. V."
Der Eisbrecher erschien in allen seinen Ausgaben, beginnend mit der ersten Nummer im Oktober 1932 bis zu seinem Verbot durch die NS-Machthaber nach dem Juni-Heft 1935, im Verlag Günther Wolff. - Das ´Sankt Georg Rüsthaus deutscher Jugendbünde´ gehörte ebenfalls zum Verlag Günther Wolff und daher verwundert es nicht, dass beide Unternehmen regelmäßig im Eisbrecher inserierten. So verkündet die „Anschlagsäule" im Eisbrecher Nr. 4, Heuert (Juli) 1934 auf S. 127 folgenden Hinweis: „Kohtengestelle. Endlich hat unser Rüsthaus jetzt ein Kohtengestell konstruiert, was allen Anforderungen genügen dürfte. Zunächst sei vorausgeschickt, daß beim Aufbau der Kohte stets dem Holz des Waldes der Vorzug gegeben werden soll. Das fertige Kohtengestell soll nur dann Verwendung finden, wenn mit Rücksicht auf landschaftliche Verhältnisse oder Mangel an Baugerät sich die Mitnahme fertiger Stangen nötig macht. Für das Gestell verwenden wir ganz starke Bambusstangen mit etwa 35-40 mm Durchmesser. Diese Stangen haben sich als überaus haltbar bewährt, sie können gleichzeitig auf Fahrt gut als Wimpel- und Fahnenstangen verwandt werden, die Stäbe sind von uns sauber ausgezapft. Es kommen nur ausgesuchte einwandfreie Bambusstäbe zur Verarbeitung. Wer ein Kohtengestell bestellen will, muß uns eine genaue Zeichnung mitsenden, aus der die Größe des Rauchloches sich ergibt (gemessen an den oberen Oesen). Wir haben aus verschiedenen Gründen seit Pfingsten eine neue Konstruktion der Kohtenstücke vorgenommen, sodaß die Kreuze die wir jetzt herstellen, nur zu den Kohten passen, die erst seit Pfingsten 1934 geliefert sind. Doch können die Gestelle auch für andere Größenverhältnisse besonders angefertigt werden. Das Kohtengestell besteht aus folgenden Teilen: Kohtenkreuz aus Bambusstäben, zwei Kohtenstangen, die mit den zum Aufbau erforderlichen Beschlägen versehen sind. Es wird in zwei Ausführungen geliefert: 1. Kohtenkreuz und zwei unzerlegbare Stangen, Länge der Stangen etwa 3,10 Meter: RM. 7,50. 2. Kohtenkreuz und zwei zerlegbare Stangen. Jede Stange ist zweiteilig und wird beim Aufbau durch Messinghülsen verbunden. Länge der einzelnen Teile etwa 1,60 Meter: RM. 8,50."
Ein ganz ähnliches Angebot war bereits mehr als drei Jahre vorher zumindest vorbereitet worden. In der „dj.1.11 Zeitung" RAKETE vom 3. Februar 1931 ist zum Thema „Verkehr mit Tadep" u. a. zu lesen: „VORBEREITET WERDEN: ... Gesamtes Kohtenzubehör (ausreichend für eine grosse Kohte, aber nicht dringend nötig): Zwei zweigeteilte Stützstäbe aus Bambus; zwei kleine Kreuzstäbe, einer von ihnen mit Gelenk; acht Heringe; Rauchlochverschluss. Preis etwa R.Mk. 10,-" - Ob dieses Angebot aber auch tatsächlich von Tadep realisiert und von den dj.1.11-Gruppen akzeptiert wurde, konnte ich nicht feststellen. In den Zeitschriften findet sich dafür kein Hinweis. Inwieweit dann später das Angebot des Sankt Georg Rüsthauses Zuspruch fand, entzieht sich ebenfalls meiner Kenntnis.
(Die RAKETE war übrigens eine sehr einfach gemachte „Eilzeitschrift" im Postkartenformat DIN A6, ausnahmsweise auch im Format DIN A4, die ab November 1930 zweimal wöchentlich herauskam. - Der Ausrüster Tadep fungierte am Beginn der 30er Jahre als „amtliches Vertriebsamt" von dj.1.11.)
Ich hatte in ZEITUNG 1/2004 bezweifelt, dass die Kohte bereits in den 30er Jahren „ihren Siegeslauf" (Schnauz) antreten konnte und eher eine relativ geringe Verbreitung angenommen. Die oben zitierten Anzeigen im Eisbrecher belegen immerhin eine Ausweitung des Themas Kohte sowie eine gewisse Fortentwicklung des Zeltmaterials und des Zubehörs und deuten damit zumindest auf einen gewissen Verkaufserfolg hin. Käufer und Nutzer der Kohte dürften nach dem Verbot der freien Jugendbünde im Juni 1933 allerdings überwiegend bündisch orientierte Gruppen des Jungvolkes (in der HJ) und der noch nicht verbotenen konfessionellen Jugendbünde/-verbände gewesen sein. ´Zeko´ (Eckard Holler/ Tübingen), Arno Klönne (Paderborn) und Hans-Christoph Schöll (Heidelberg) haben in ihren verschiedenen Äußerungen zu diesem Thema bereits darauf hingewiesen (s. in den drei Ausgaben der ZEITUNG von 2004).
´Zeko´, der sich intensiv mit der Biografie ´tusks´ beschäftigt und dazu auch selbst veröffentlicht hat, vertritt die Auffassung, das große Gemeinschaftszelt auf dem so genannten „Sühnelager" der dj.1.11 könne als eine Art Urform der bündischen Jurte angesehen werden. Dieses Zelt war allerdings sehr viel größer und aus insgesamt 128 der damals noch üblichen Militär-Viereckbahnen zusammengesetzt. Das „Sühnelager" wurde zu Ostern 1931 am Traunsee im Salzkammergut in Österreich mit ca. 300 Teilnehmern auf einem relativ kleinen Lagerplatz durchgeführt. Das „große Zelt" sollte bei schlechtem Wetter und für das Lagerprogramm allen Teilnehmern gemeinsam Platz bieten und in ihm wurde auch geschlafen. Es besaß ein großes Rauchloch, so dass in ihm ein Feuer brennen konnte. Damit wies es nach ´zekos´ Auffassung alle konzeptionellen Grundmerkmale der bündischen Jurte auf.
Das große Zelt auf dem Sühnelager 1931
Foto aus: Das Lagerfeuer - 21. Jahrgang des "Pfadfinder", Heft 5, Atlantis-Verlag Berlin Zürich 1931, Seite 7
Innenansicht des großen Zeltes auf dem Sühnelager
Foto aus: Der Eisbrecher - Monatszeitschrift der Jungen, Heft 1 (Oktober), Verlag Günther Wolff zu Plauen i.V. 1932, Seite 19
Die bündische Jurte in ihrer noch heute gültigen Form entstand aber prinzipiell gleichzeitig mit der bündischen Kohte, also schon vor dem „Sühnelager". Ernst Voos beschreibt den Zusammenhang in seinem Bericht über die Entwicklung der Serienkohte im Jahr 1930 so (s. ZEITUNG 1/2004, S. 12 [7] ): „Es schien mir nötig zu sein, daß das Kohtenstück die gleiche Kantenlänge und den gleichen Knopfabstand hat wie die übliche Zeltbahn, so daß beide kombiniert werden konnten.
Typische Zelte aus Viereckplanen
Foto aus: Deutsche Freischar (Herausgeber): die Jungenschaft, Heft 4 (April), Ludwig Voggenreiter Verlag Potsdam 1931, Seite 15
Daraus entstand später die Jurte (Sühnelager)." - Der Hinweis auf das Sühnelager ist von Ernst Voos leider nicht erläutert worden. Eine Jurte der uns bekannten Form hat dort nach meinem Wissen nicht gestanden.
Wie ich am Anfang dieses Berichts bereits feststellte, tritt die Jurte in den von mir durchgesehenen bündischen Zeitschriften nicht bzw. fast gar nicht in Erscheinung. Als das Thema aber das erste Mal im Eisbrecher auftaucht - recht spät, im Heft 12 vom September 1933 - da geschieht dies reichlich unverhofft. Auf S. 314 ff. ist der Bericht „Ein Lager an der Nordsee" abgedruckt und hier heißt es auf S. 316: „Die andre Nacht war aufpeitschende Rede. Der Sturm kam von draußen übers Meer gereist, jagte die Wellen vor sich her, rannte über den Strand, raste die Dünen hinauf, fing sich dort oben und stürzte sich hinunter auf unsere Jurte (Siehe Zeichnung!). Aber da lag die „technische Nothilfe" in Uniform und Stiefeln. Sie sind am Ziehen, Herr Sturm, dann kommen wir. Aber der Sturm brüllte nur. Brechen Sie uns doch ein Spannseil! Knicken Sie eine Stützstange! Zerreißen Sie ein Kohtenstück! Fast alle schliefen in der Jurte. Der Puaschu fasste die ganze „Teno"."
Auf den Fotos zu diesem expressionistisch anmutenden Bericht über das „Osthanglager" der dj.1.11 auf der Insel Langeoog im Juli 1933 ist keine Jurte zu sehen, wohl aber einmal (S. 319) die Kollenburg-Kohte (s. o.). Allerdings findet sich auf S. 323 des Heftes eine gute grafische Darstellung einer Jurte. Darauf war in dem Bericht „(Siehe Zeichnung!)" hingewiesen worden. Sie ist nebenstehend abgebildet und dürfte vielen bekannt sein, denn sie ist bis in die neuere Zeit bei verschiedenen Gelegenheiten immer wieder als Illustration verwendet worden.
Jurten-Grafik
aus: dj.1.11 (Herausgeber): Der Eisbrecher - Monatszeitschrift der Jungen, Heft 12 (September), Verlag Günthe Wolff zu Plauen i.V. 1933, Seite 323
Nach diesem fulminanten Auftakt zum Thema folgt erst mal nichts weiter. Ab Heft 16, Januar 1934 und dann fast fortlaufend bis Nr. 7 (Neue Folge), Oktober 1934, inseriert aber das Sankt-Georg-Rüsthaus in aufwendigem Stil für Kohtenmaterial in zwei Qualitäten - u. a. für „Sechs Kohtenstücke RM 100,-" - und zusätzlich für: „Schwarze Zeltbahnen. Zeltbahnen genau nach deutschem Heeresmodell, jedoch in noch kräftigerem Stoff, 165x165 cm groß, einzeln RM 9,50." (s. die Anzeige in ZEITUNG 1/2004, S. 19).
Wer sich auskennt weiß, dass es sich hierbei um die noch heute verwendeten (kleinen) Jurtenbahnen handelt. Ernst Voos (s. o.) hatte ja bereits die Erweiterung der Serien-Kohte unter Verwendung von sechs „Kohtenstücken" und zwölf der „üblichen Zeltbahnen" zur Jurte vorbedacht. - Die Anzeige des Rüsthauses enthält allerdings keinerlei direkten Hinweis auf diese Form des Schwarzzeltes.
Es gibt dann, soweit ich es erkennen kann, noch drei weitere konkrete Aussagen zum Gebrauch der Jurte in bündischen Gruppen dieser Zeit. Zwei davon finden sich im Eisbrecher-Heft Nr. 2 (Neue Folge) vom Mai 1934. In dieser Ausgabe verkündet „Die Anschlagsäule" auf S. 59: „Kohtenformen. In diesem Heft zeigen wir das Bild einer Jurte, einer Zeltkonstruktion aus Zeltbahn und Kohtenstück. Das läßt die Frage auftauchen: welche Zeltformen können überhaupt mit Kohtenstücken gebaut werden? Wenn man zu zweit oder dritt auf Trampfahrt ist, kann man aus ein, zwei oder drei Kohtenstücken Behelfszelte bauen. Drei Kohtenstücke geben eine hohe und schmale Kohte, schornsteinförmig. Aus zwei bauen wir die sogenannte „Lokomotive" (dabei werden die beiden Grundseiten der Kohtenstücke, die aus zwei Zeltbahnlängen bestehen, zusammengeknöpft, sodaß eine Art Firstzelt entsteht). Aus einem Stück kann ein Zelt für einen Mann gebaut werden. Ob noch andere Großzeltkonstruktionen aus Kohtenstücken und Zeltbahnen möglich sind?"
Jurten-Foto
aus: Der Eisbrecher - eine Jungen-Monatszeitschrift im Verlag Günther Wolff zu Plauen i.V., Heft 2 (Mai) 1934, S.64
Dieses „Bild einer Jurte" (vom „Osthanglager" 1933 der dj.1.11 auf Langeoog, s. o.) findet sich auf S. 64 des Heftes. Wie es der Farbunterschied zeigt, sind für dieses Zelt offenbar noch nicht die neuen schwarzen Viereckbahnen verwendet worden. Für uns ungewohnt ist wohl auch der Aufbau mit nur zwei Jurtenstangen. - Als dieses Foto einer Jurte mit dem Verweis auf das Langeoog-Lager veröffentlicht wurde, befand sich ´tusk´ bereits im Berliner Columbia-Haus in Gestapo-Haft (ab dem 18. Januar 1934). Die Veröffentlichung mit Hinweis auf dj.1.11 war daher für den Verleger Günther Wolff, der sich zu diesem Zeitpunkt bereits von ´tusk´ getrennt hatte („Neue Folge" des Eisbrecher), nicht ganz ungefährlich.
Den letzten direkten Hinweis auf den Gebrauch einer Jurte fand ich im Heft 8 (Neue Folge) vom November 1934. Hier heißt es in der „Anschlagsäule" ohne Namensnennung „(Aus einem Brief)": „Die schönste Kohtennacht war die am Grumbacher Weiher. Unsere Jurte war der Stolz unseres Lagers. Unsere Zeltmannschaft wurde sehr darum beneidet. Wir freuten uns immer auf das nächtliche Spießbraten und Kachko-Backen."
Der Eisbrecher konnte noch bis zur Ausgaben Nr. 15 (Neue Folge), Juni 1935 erscheinen und wurde dann von den NS-Machthabern verboten. - Die Hefte 13 und 14 der „Neuen Folge" standen mir als einzige leider nicht zur Verfügung, so dass hier eine gewisse Unwägbarkeit besteht. Ob der Gebrauch von Jurten in anderen Jugendzeitschriften der 30er Jahre dokumentiert ist, konnte ich ebenfalls bisher nicht überprüfen. Einen Hinweis darauf erhielt ich von Arno Klönne (s. das Foto und das Gedicht „Jurtenlager" auf S. ...).
Es hat den Anschein, als habe die Jurte in den 30er Jahren keine besonders große Rolle gespielt. Ob sie in den ersten Jahren der NS-Diktatur im Deutschen Jungevolk (der HJ) oder von den noch nicht verbotenen konfessionellen Bünden benutzt wurde - wie es für die Kohte festgestellt werden kann - entzieht sich meiner Kenntnis. - Eine Ausnahme bildet der Hinweis von Arno Klönne (s. o.). Hier wäre ich für weitere konkrete Hinweise dankbar. Tatsache ist, dass die Bünde der Jugendbewegung in großem Umfang Zeltbauten aus den überall günstig angebotenen „üblichen" Viereckzeltbahnen verwendeten. Die HJ nutzte für ihre Zwecke zunehmend eigene Zeltformen.
Wann die erste bündische Jurte errichtet und benutzt wurde, werden wir wohl auch nicht mehr einwandfrei erfahren können. Konzeptionell und konstruktiv war sie aber schon 1930 präsent (s. o., Ernst Voos). So gesehen, hätte sie - wie die Serien-Kohte auch - in diesem Jahr ihr 75-jähriges Jubiläum.
Wer einmal die Kollenburg besuchen möchte, den Ort, wo die erste (prototypische) bündische Kohte „aus farbigem Segeltuch und Bambusstäben" - und mit der Freischarlilie auf der Tür - ihre öffentliche Premiere hatte, der findet sehr konkrete Hinweise in der letzten ZEITUNG (3/2004, S. 33 ff.).
Wer sich für ´tusks´ (niemals abgeschlossenen) Fortsetzungs-Bericht über „Die ersten Kapitel einer jungen Bewegung" interessiert, der kann sie nachlesen in: Fritz Schmidt (Hrsg.): tusk - Gesammelte Schriften und Dichtungen, zweite überarbeitete Auflage, Verlag der Jugendbewegung Witzenhausen 1996, S. 231 ff. In diesem Band ist auch der Bericht über „Das große Lager" (das Sühnelager, s. o.) abgedruckt und u. a. etliche andere wesentliche Beiträge zum hier behandelten Thema, die ursprünglich im Lagerfeuer und im Eisbrecher veröffentlicht worden waren. Weitere Beiträge zu diesem Themengebiet - und zu ´tusk´ und dj.1.11 im Besonderen - finden sich in: Fritz Schmidt (Hrsg.): tusk - Versuche über Eberhard Koebel, Südmarkverlag Witzenhausen 1994. - In diesem Band ist auf der Fotoseite VIII auch das oben angesprochene Kohten-Foto vom „Sühnelager" zu finden.
(Beide Bände im Verlag der Jugendbewegung, Postfach 150330, 70076 Stuttgart - www.jugendbewegung.de/verlag [8] - verlag@jugendbewegung.de [9])
75 Jahre Jurte ... von; dadarish (Dieter Geißler), in: Deutsche Freischar (Hrsg.) ZEITUNG 1/2005
Unter seinem Fahrtennamen dadarish, veröffentlicht Dieter Geißler Anfang 2004 in der Zeitung der Deutschen Freischar anlässlich dem 75-jährigen Jubiläum der Kohte, einen sehr umfassenden Artikel über die Entstehung, die Herkunft und die Idee der Kohte. Mit freundlicher Genehmigung des Autors können wir diesen lesenswerten Artikel an dieser Stelle (wieder-)veröffentlichen. Eine Fortsetzung dazu gibt es unter dem Titel "75 Jahre Jurte [10] "
Text und Bilder aus:
75 Jahre Kohte ... , von: dadarish (Dieter Geißler), in: Deutsche Freischar (Hrsg.) ZEITUNG 1/2004
„Das Tuch bestand aus einem Stück, das allerdings lange nicht so schwer war, wie wir uns dachten, und hatte die Form eines Napfkuchens, aus dem ein Drittel schon herausgeschnitten ist. Die Zeltstöcke konnten auseinandergenommen werden und waren ein eisenbahnfähiges, aber schweres Bündel. Die Tür war echt lappisch, ein Dreieck, das mit kleinen Leisten versteift war. Sie konnte aufgerollt werden wie eine Baderolle, und trug das Zeichen unseres früheren Bundes, die Freischarlilie. Natürlich hatten wir das Zelttuch in schönen Farben zusammengenäht (allerdings mit weiblicher Hilfe). Der Entwurf entsprang einem Wettbewerb innerhalb der Stuttgarter Gruppen. Aber das Problem war mit der Kohte noch nicht gelöst."1)
So beschreibt tusk (Eberhard Koebel) 1931 in seinem Aufsatz „Das Zeltproblem" die erste Kohte, die in seinem Auftrag und unter seiner tätigen Anteilnahme entstand. Das geschah allerdings schon drei Jahre früher, im Jahr 1928, und es handelte sich bei diesem Zelt zunächst nur um ein Demonstrationsobjekt, das aus Leinenstoff gefertigt worden war. - Bereits an dieser Stelle können damit einige wesentliche Tatsachen festgestellt werden: Die erste bündische Kohte entstand in der alten Deutschen Freischar (deren Ringführer und danach Gauführer tusk damals war), sie war mehrfarbig - und: die Kohte, das seit vielen Jahren weit verbreitete Feuerzelt der Bünde, hatte im letzten Jahr ihr 75-jähriges Jubiläum.
Die eigentliche Entstehungsgeschichte der Kohte und was daraus wurde, möchte ich nachfolgend einmal anhand von Quellentexten darstellen. Dazu habe ich in erster Linie die alten Jahrgängen des „Lagerfeuer", des „Eisbrecher" und der „Briefe an die Schwäbische Jungenschaft der Deutschen Freischar" bzw. „Briefe an die deutsche Jungenschaft" durchforscht. An diesen vier Schriftenreihen war tusk als Herausgeber bzw. Schriftleiter und/oder Mitarbeiter beteiligt. - Die Sammlungen der „Briefe" beider Reihen, die in der alten Freischar herausgegeben wurden, sind leider in unserem Bundesarchiv nicht ganz vollständig.
Für meine Recherchen habe ich außerdem mit mäusl (Axel Körner) und sadarji (Kurt Ternes) von der Pfadfinderschaft Grauer Reiter korrespondiert (s. zum Hintergrund den Kohten-Artikel in ZEITUNG 3/2003). Außerdem habe ich zeko (Eckard Holler) mit einbezogen. Zeko - früher Jungenschafter, heute bei der ABW (Arbeitsgemeinschaft Burg Waldeck) engagiert - hat sich als Autor und Herausgeber intensiv mit der Person tusks und dessen Lebensweg auseinander gesetzt.
Zeko vertritt die Auffassung, tusk habe seit seinem Aufenthalt in Schwedisch-Lappland im Jahr 1927 - er war im Sommer zunächst mit einer Stuttgarter Freischar-Gruppe in Mittelschweden und dann allein bis Dezember in Lappland unterwegs - die Idee verfolgt, die lappische Nomadenkohte zum Gebrauch der Jugendbewegung nachzukonstruieren und schreibt dazu weiterhin: „Die Legende besagt, daß er sich dazu in Stuttgart in seinem Atelier „gorm" drei Tage und Nächte eingeschlossen habe. Aus tusks Überlegungen entstand die neue Zeltform der „Kohte", ..."2)
Zeko erläutert in diesem Zusammenhang, mit der Erfindung der Kohte - und später auch der Jurte - sei die praktische Absicht verbunden gewesen: „..., im Winter - und sogar im Schnee - auf Zeltfahrt zu gehen. Zusätzlich ging es tusk um die Vermittlung eines spirituellen Erlebnisses, das er im Lappenzelt erfahren hatte, nämlich um die Wiedergewinnung der spirituellen Kraft, die aus einer Lebensweise resultiert, bei der man „vom Himmel nicht durch ein Dach getrennt ist"." 3)
Von tusk selbst findet sich zu dem gesamten Komplex Kohte ein erster Hinweis in „Briefe an die Schwäbische Jungenschaft der Deutschen Freischar" Heft 6, 1928 und zwar in den dort abgedruckten Nachrichten aus dem Freischar-Kreis Stuttgart. Er schreibt dort am Ende: „Auf Lagern fand ich oft unsere nüchternen, kleinen, schmucklosen Militärzelte langweilig und unwohnlich. In Lappland lernte ich die herrlichen, oben offenen Rundzelte der Lappen kennen, in denen Feuer gebrannt werden kann. Sie sind nicht schwer zu bauen, ein fünftägiges Lager lohnt schon einige Stunden Arbeit. Wir wollen versuchen, aus billigem Material farbige große Zelte zu bauen und laden die größeren Gruppen des Kreises zur Mitarbeit ein. Es ist sehr schön, wenn man nachts zu den Sternen sehen kann und bei starkem Regen gemütlich ums Feuer liegt."4)
Die erste bündische Kohte - mit der Freischarlilie auf der Tür
Foto aus: Eberhard Köbel (Schriftleiter): Birefe an die Deutsche Jungenschaft - Jungenzeitschrift der Deutschen Freischar (Bund der Wandervögel und Pfadfinder), Heft 8, Ludwig Voggenreiter Verlag Potsdam 1929, Seite 1
Später, 1931, in seinem Aufsatz über „Das Zeltproblem", äußert er sich so: „Als ich einmal vom Norden kam, haben wir Stuttgarter eine Kohte gebaut. Wollten sie mitnehmen auf Fahrten und Lager. Wir wollten einen kleinen Ersatz dafür haben, daß wir nicht so glücklich sind, als Lappen oder Indianerjungen zur Welt gekommen zu sein und das Feuer als eine Selbstverständlichkeit mit uns zu führen wie unser Messer."5)
Schnauz (Erich Mönch), ehemals Studienkollege tusks, später ein bekannter Lithograph und um 1956/57 Bundesführer der neu gegründeten Pfadfinderschaft Grauer Reiter, berichtet über die Entstehung der ersten Kohte: "Als tusk seine Grafik-Studien abgeschlossen hatte, gründete er mit ... „Fritz Stelzer" (Pauli), ein Atelier für Buch- und Werbegrafik. ... Das Atelier, das sich in der Königsstraße in Stuttgart befand, nannten die beiden „Atelier Gorm". Ich kannte es sehr gut und war dort häufig zu Gast. ... Tusk und Gari bauten an einem Zelt. Ich hatte sie selbst nie bauen gesehen, da ich tagsüber nicht im Atelier war. Als das Gebilde aus weißem Segeltuchstoff fertig war, führte es mir Pauli vor: - Es war die erste Kohte!"6)
Gari, Theo Hohenadel, ist in Stuttgart einer der wichtigsten Mitarbeiter tusks gewesen, und das nicht nur bei der Konstruktion und dem Bau der ersten Kohte. Im Anschluss an Schnauz war er bis 1968 ebenfalls Bundesführer der Grauen Reiter.
Die erste von tusk und Gari konstruierte Kohte, die nach Auskunft zekos von Lene Ruckwied, der Hausangestellten der Eltern tusks, auf einer normalen Nähmaschine zusammengefügt wurde, sah eher wie ein Tipi aus. Sie besaß noch kein Kohtenkreuz und wurde durch eine aufwändige Stangenkonstruktion gestützt. - Diese technische Eigenheit und ihre Konsequenzen sollen an dieser Stelle aber nicht weiter erläutert werden. Alles Wesentliche hierzu habe ich bereits in ZEITUNG 1/2001 unter „tusk": Das Zeltproblem - Auszüge aus „Das Lagerfeuer" (wieder)veröffentlicht.
Diese Kohte wurde nach Angaben von zeko erstmals während eines Zeltlagers der Schwäbischen Jungenschaft „öffentlich" gezeigt, das vom 29. Juli bis 2. August 1928 auf der Kollenburg im Maintal bei Dorfprozelten/Spessart stattfand. Erich Meier schreibt in „tusk - Versuche über Eberhard Koebel" es habe sich mit etwa 120 Teilnehmern um das erste große gemeinsame Zeltlager der Schwäbische Jungenschaft gehandelt.7) Im Heft 8/9 von 1928 der „Briefe an die deutsche Jungenschaft" (unter diesem Titel wurden die „Briefe an die Schwäbische Jungenschaft der Deutschen Freischar" fortgesetzt) finde sich hierzu ein vierseitiger bebilderter Lagerbericht. Laut zeko ist in diesem Heft, auf S. 14, auch erstmals ein Foto dieser „weißen Probekohte" abgebildet worden. - Mit dieser Kohte sei tusk im Anschluss an das Jungenschaftslager zusammen mit Freischar-Gruppen zu einem internationalen Pfadfindertreffen nach Luxemburg gefahren und dann mit seiner Horde (Horte) auf Großfahrt in die Lüneburger Heide und an die Ostsee gegangen.
Die Angaben zu dem o. a. Heft der „Briefe an die deutsche Jungenschaft" konnte ich nicht überprüfen, weil diese Ausgabe in unserem Bundesarchiv fehlt. Es findet sich aber ein weiteres Foto der ersten bündischen Kohte - mit Freischarlilie auf der „Tür" - auf der Titelseite von Nr. 8/1929 der „Briefe an die deutsche Jungenschaft"8). Darüber hinaus ist jeweils ein Foto der offenbar gleichen Kohte auch im Heft 1/1931 des „Lagerfeuer" veröffentlicht - Bildunterschrift: „Die Kohte der Stuttgarter an der Ostsee"9) - und im Heft 12/1933 des „Eisbrecher" - Bildunterschrift: „Langeoog-Lager: Freizeit bei den Berliner Kohten."10)
Besonders auf dem Titelbild von 1929 ist auch der eher tipiartige Aufbau dieser ersten tusk-Kohte zu erkennen und die Tatsache, dass sie aus einem einzigen großen zusammengesetzten Zelttuch gefertigt war. Man sieht auch deutlich, dass nur der große Mittelbereich der Kohte tatsächlich weiß gehalten ist, während sich oben ein breiter, sehr dunkler und unten ein schmalerer und hellerer Streifen anschließt. Dieser ist links und rechts neben der Tür bis zur halben Höhe hochgezogen und oben wieder dunkel abgesetzt. Nach tusks Worten war „das Zelttuch in schönen Farben zusammengenäht" worden (s. o.). Leider sagt er aber nichts zu der von ihm getroffenen Farbwahl. Allerdings äußert er sich an anderer Stelle zur Frage des Kohtenschmucks folgendermaßen: „Schmücke deine Kohte mit einem Ornamentstreifen. Der Ornamentstreifen ist weiß ... Als Farben dürfen verwendet werden Schwarz, Zinnoberrot und Kobaldblau."11) Vielleicht war dies ja auch die Farbwahl für seine erste Kohte.
In den folgenden Nummern der „Briefe an die deutsche Jungenschaft" - anschließend an Nr. 8/1929 und bis zu ihrer Einstellung Ende des Jahres 1931 (sie wurden zuletzt unter dem Titel „Jungenschaft" herausgegeben) - kommt das Thema Kohte nicht wieder vor. Nach der Gründung von dj.1.11 (am 1.11.1929), noch innerhalb der Deutschen Freischar, wird tusk im Mai 1930 aus dem Bund ausgeschlossen. Die endgültige Trennung erfolgt aber erst auf dem großen Freischarlager bei Ludwigswinkel in der Pfalz (28. Juli bis 3.August). Seine Schriftleitung der „Briefe" endete schon weit vorher mit der Nr. 3, März 1930. - Ab Juli beginnt tusk mit der Herausgabe der neuen Jungenzeitschrift „Das Lagerfeuer" im Berliner „Atlantis-Verlag" (ab Nr. 11/1931 im Lasso-Verlag). In den sechs Heften des Jahres 1930 wird das Thema Kohte ebenfalls nicht behandelt.
Das Projekt selbst hatte tusk aber nicht aufgegeben. Im Januar 1930 war er nach Berlin gezogen. Dort widmete er sich mit Nachdruck dem Aufbau von dj.1.11 und dort befasste er sich mit der Weiterentwicklung der Kohte bis zur Serienreife. Wie Gari in Stuttgart, so ist es nun in Berlin Ernst Voos, der mit der Lösung technischer Probleme beauftragt wird. Im STICHWORT Nr. 1/1999 schreibt er dazu: „Kurz nachdem tusk nach Berlin gekommen war, ließ er mich durch Mario für seine Berliner Gruppe keilen. ... Eine Zeitlang gingen wir jeden Abend in das Café am Zoo. Dort spielte eine Balalaika-Kapelle und dort kamen viele Pläne und Gedanken zur Sprache. ... Auch die Kohte entstand dort. Es sollte ein 4-Mann-Zelt sein, mit Feuerstelle. Ein 'Kohtenstück' sollte nicht schwerer als eine Zeltbahn sein, so daß ein Junge es tragen konnte. Ich habe die Sache dann durchgearbeitet und gezeichnet. Es schien mir nötig zu sein, daß das Kohtenstück die gleiche Kantenlänge und den gleichen Knopfabstand hat wie die übliche Zeltbahn, so daß beide kombiniert werden konnten. Daraus entstand später die Jurte (Sühnelager). Ich ließ die ersten Stücke zur Erprobung anfertigen. Dann kam tusk der Gedanke der weißen Zierstreifen mit den aufgemalten Motiven. ...
Nachtrag: Das erste Musterstück der Kohte wurde in Stuttgart aus Leinen auf einer normalen Nähmaschine genäht. Es war also etwas zum Aufstellen und Fotografieren, aber kein wetterfestes Zelt. Ich erinnere mich genau an den Auftrag, den tusk mir gab, aber ich weiß nicht mehr, wer die ersten Kohtenstücke geliefert hat."12)
Die erste bündische Kohte - Illustration aus dem Eisbrecher, Heft 11 (August) 1933
Grafik aus: dj.1.11 (Herausgeber), Eberhard Köbel (Schriftleiter): Der Eisbrecher, Heft 11, Verlag Günher Wolff zu Plauen i.V. 1933, Seite 277
Zu Ernst Voos (1906-1999) merkt zeko im selben Heft des STICHWORT an, er sei in zweiter Ehe mit der Witwe tusks, Gabriele Koebel, verheiratet gewesen und fährt fort: „Ernst Voos gehörte zusammen mit Heinz Krohn von 1930 bis 1932 in der Berliner dj.1.11 zu den engsten Mitarbeitern von tusk und wohnte in der „Rotgrauen Garnison", ... Als Ingenieurstudent war er an der Entwicklung der Kohte beteiligt und stellte in tusks Auftrag die Konstruktionszeichnungen für die erste Serienfertigung der Kohte bei der Firma tadep in Berlin her."13)
Diese letzte Aussage von zeko möchte ich in Frage stellen. Es gibt nach meiner Kenntnis keine Beweise dafür, dass die Serienfertigung der Kohte tatsächlich von der Firma Tadep durchgeführt wurde. Sie trat durch ihre Annoncen im „Lagerfeuer" immer nur als Lieferant von Fahrtenkleidung und Fahrtenausrüstungen in Erscheinung (und als „Vertriebsamt von dj.1.11" - s. u.), niemals aber als Hersteller solcher Artikel. - Schnauz stellt in seinem Aufsatz über die Entstehung der Kohte zu dieser Frage lediglich fest: „Am Anfang des Jahres 1930 wurden die Kohtenbahnen fabrikmäßig angefertigt - und die Kohte nahm ihren Siegeslauf - bis zum heutigen Tage."14)
Vorsatzblatt mit Falke, Faltboot und Kohte
Grafik aus: Jochen Hene (Schriftleitung): Der Eisbrecher, Heft 6, 1933, Seite 141
Mit dieser Datierung liegt Schnauz allerdings falsch. Im Nachrichtenteil („Die Anschlagsäule") der Nr. 1, Januar 1931 des „Lagerfeuer" findet sich folgende Notiz: „Kanzleimitteilungen: Tadep, Berlin-Charlottenburg, Kirchstraße 17, jetzt amtliches Vertriebsamt von dj.1.11. Bisher sind zu beziehen: Kluften, Hosen. In Vorbereitung sind: Kordeln, Koppelschloß, Zeltbahnen, Fahrradwimpel, Bundesfahnen, Schlafsäcke, Mäntel, Briefpapier. Preise und „geschützte" Artikel werden noch bekanntgegeben. ... Geld brauchen wir, um unsere großen Ziele zu verwirklichen. Jeder Bub bekommt daher ein Sparbuch, in dem 1. freiwillig, 2. für besondere Großfahrten zwangsweise gespart wird. ... Geld brauchen wir zuerst für unsere neuen Zeltbahnen, dann für die tadellose übrige Ausrüstung jedes dj.1.11-Jungen, ... t."15)
Das Unterschriften-Kürzel „t" steht für tusk und bei den „neuen Zeltbahnen" kann es sich nur um die so genannten „Kohtenstücke" handeln. In der Folgenummer des „Lagerfeuer" (2/1931) wird jedenfalls in der „Anschlagsäule" unter der Überschrift „Deutsche Autonome Jungenschaft" bekannt gegeben: „3. „Kohtenstücke" jetzt lieferbar. Fordert bei Tadep Kohtenprospekt."16)
Tadep selbst annoncierte sein Angebot für die Bünde regelmäßig ab Heft 6, Dezember 1930 im „Lagerfeuer", Werbung für „Kohtenstücke (nur auf Bezugsschein von dj. 1. 11) 22,-." 17) findet sich aber das erste Mal im Heft 1, Januar 1932 und dann fortlaufend. Bei den „Kohtenstücken" handelte es sich also offenbar um einen jener im Januar 1931 angekündigten „geschützten" Artikel, die exklusiv für die dj.1.11 angeboten wurden, und zwar ebenfalls ganz exklusiv nur von Tadep. Diese Tatsache widerspricht auch der gelegentlich geäußerten Auffassung, die Kohte sei bei der Firma E. Breuninger in Stuttgart in Serie gegangen. Breuninger hatte von Anfang an die Jungenschaftsjacke im Angebot (und auch andere Kluft-Bestandteile von dj.1.11 wie Hosen, Mäntel, Mützen) und inserierte fortlaufend dafür im „Lagerfeuer" - aber nie für Kohten, genau so wenig wie die verschiedenen anderen Ausrüster (z.B. WINU oder die Deutsche Lederwaren-Fabrikation). - Übrigens verbilligten sich die „Kohtenstücke, schwarz m. Lederecken (nur auf Schein)" ab Heft 2/1932 des „Lagerfeuer" auf 19,50 Reichsmark.18)
Als tusk dann ab Oktober 1932 im Verlag Günther Wolff (Plauen im Vogtland) mit dem „Eisbrecher" beginnt - zunächst verdeckt, erst im Heft 4, Januar 1933 unterzeichnet er einen Artikel namentlich19) und erst ab Heft 8, April 1933 (richtig muss es wohl „Mai" heißen) firmiert er als Schriftleiter - wird auch dort für dj.1.11-Ausrüstung geworben und zwar ausschließlich durch das „Sankt Georg Rüsthaus deutscher Jugendbünde". Erst ab Heft 10, Juli 1933 werden auch zusätzlich „Kohtenstücke, aus schwarzem, imprägniertem Moleskin 15,80" 20) annonciert. - Eine ganze Kohte kostet damals 55,20 Reichsmark. - Außerdem wird auch „Stoff zum Selbstanfertigen der Kohte" angeboten und „Ornamentstreifen" in den Farben „silbergrau, rot, hellblau oder stahlblau". Im Eisbrecher wird bis zum letzten Heft - Nr. 17/18, Februar/ März 1934 - vom Sankt Georg-Rüsthaus für die Kohte geworben, dann übrigens auch schon für schwarze Jurtenbahnen („Zeltbahnen genau nach deutschem Heeresmodell").
Warum diese sehr ins Einzelne gehende Darstellung? - Es stellt sich die Frage nach der Verbreitung und damit nach dem Erfolg der Kohte in den Bünden der damaligen Jugendbewegung. - Es blieb hierzu nicht sehr viel Zeit: Am 30. Januar 1933 ist Hitler durch den Reichspräsidenten von Hindenburg zum Kanzler des Deutschen Reiches ernannt worden. Bereits im Juni verhängt „Reichsjugendführer" Baldur von Schirach ein (widerrechtliches!) Verbot für alle freien Jugendbünde. Damit war auch einer Verbreitung der Kohte der Boden weitgehend entzogen. Die HJ und ihre Teilgliederungen verwendeten sie nicht. - Es soll am Anfang des „Dritten Reiches" allerdings vorgekommen sein, dass einzelne, ehemals bündische Gruppen ihre Kohten auch noch im Jungvolk weiternutzten. Dies wurde später aber unterbunden. Schnauz stellt dazu fest: „Da die Kohte im Hitlerzeitalter „Bekenntnis zu einer defaitistischen Gesinnung" war, war der, der sich ihr als Zelt bediente, reif für Oranienburg."21)
Andererseits äußert er unmittelbar vorher im selben Bericht zur Entstehung der Kohte, sie habe mit dem Beginn ihrer Serienfertigung einen „Siegeslauf" angetreten (s. o.). Zeko schreibt zu diesem Thema im Vorwort zu „Leben auf den Wanderwegen der Rentierherde": „Von Berlin aus fand die Kohte rasch eine enorme Verbreitung nicht nur in dj.1.11, sondern z. B. auch bei den „Roten Pfadfindern" ... und nach 1933 beim Deutschen Jungvolk und den Jungmädels in Hitlerjugend und BDM, wo in den Anfangsjahren vielfach bündische Jugendführer und Jugendführerinnen aktiv waren."22) Kurz danach weist er darauf hin, dass Hans Scholl (Die Weiße Rose) noch im Jahr 1936 bei Günther Wolff in Plauen eine neue Kohte für seine (illegale) dj.1.11-Gruppe bezogen habe und fährt dann fort: „Gegen die Benutzung von Kohten und Jurten wurde später jedoch von der HJ-Führung mit Verbotsmaßnahmen vorgegangen. Die Benutzung dieser Zelte galt als „gegenvölkisch" und „kulturbolschewistisch". In einer Vielzahl von Prozessen des Sondergerichts Düsseldorf wegen verbotener bündischer Umtriebe, u. a. gegen Klaus Zwiauer, Hans Scholl und Willi Graf 1937/38, diente das Übernachten in einer Kohte als Beweismittel für die strafbare Fortführung der verbotenen bündischen Jugend."23)
Aus alledem lässt sich die tatsächliche Verbreitung der Kohte in den alten Bünden kaum richtig erschließen. Produktionszahlen liegen mir nicht vor - abgesehen davon, dass der damalige Hersteller der Kohten bislang offenbar nicht festgestellt werden kann. Die Frage ist auch, welche der damaligen Bünde die Kohte (und die Jurte) benutzt haben. In der alten Freischar, einem der größten freien Jugendbünde in Deutschland bis 1933, war sie nach meiner Kenntnis nicht eingeführt. In vielen persönlichen Gesprächen mit Freischarlern dieser Zeit war immer nur von Viereckzeltbahnen die Rede, wenn das Gespräch darauf kam. - Übrigens muss ich mich hier einmal korrigieren. In dem Kohten-Artikel der letzten ZEITUNG (3/2003) hatte ich aus Versehen von Dreieckzeltbahnen geschrieben. Das damals überwiegend verwendete Material war aber wie die heute noch benutzten „kleinen" Jurtenbahnen geschnitten.
Grafik aus: Eberhard Köbel und Ingo Kaul (Schriftleiter): Das Lagerfeuer - 21. Jahrgang des "Pfadfinder", Heft 4, Atlantis-Verlag Berlin-Zürich, 1931, Seite 38
Ich möchte einmal festhalten: Wie meine Recherche ergeben hat, war die serienmäßig hergestellte Kohte ab Februar 1931 verfügbar. Bis zum Verbot der Bünde im Juni 1933 vergingen weniger als zweieinhalb Jahre. Zumindest bis Juni 1932 (also ca. eineinhalb Jahre lang) verkaufte Tadep „Kohtenstücke nur auf Schein" exklusiv nur an dj.1.11-Gruppen. - Im (so weit ich es erkennen kann) letzten Heft des „Lagerfeuer", Nr. 5/6 (Mai/Juni) 1932, findet sich noch eine entsprechende Anzeige. Auf Seite 8 dieses Heftes ist als Nachricht der „dj.1.11-Führung" aber auch zu lesen: „Seit Pfingsten besteht dj.1.11 nur noch aus 300 Mann."24) - Mir liegen keine anderen Mitgliederzahlen vor, aber es handelte sich zu keiner Zeit um einen sehr großen Bund.
Auch wenn dann spätestens ab Juli 1933 die Kohten durch das Sankt Georg Rüsthaus frei bezogen werden konnten (das zum Verlag Günther Wolff gehörte), dürfte der Absatz insgesamt keine besonders hohen Stückzahlen erreicht haben. Gegen eine „enorme Verbreitung" der Kohte spricht neben dem Verbot der Bünde ab Juni 1933 vor allem auch die seit 1929 anhaltende Weltwirtschaftskrise mit ihren hohen Arbeitslosenzahlen und sonstigen sozialen Folgen. Im Juni 1932 kostete eine der üblichen Viereckzeltbahnen bei Tadep in „Ia Qualität" 7,50 Reichsmark; ein „Kohtenstück" war mit 19,90 Reichsmark aber mehr als zweieinhalbmal so teuer.25) Wie Sändi (Helmut Sandvoss) in ZEITUNG 2/2002 berichtet (in: Wir wollten doch einfach nur auf Fahrt gehen!), hatte er damals als Handlungsgehilfe (Einzelhandelskaufmann) einen Stundenlohn von 0,60 Reichsmark; ein Lehrling erhielt 5 Reichsmark im Monat! - Der „Siegeszug" der Kohte hat sich mit Sicherheit erst nach 1945 ereignet.
Anzeige aus dem Eisbrecher, Heft 2 (Mai), 1934
Was bleibt noch zu sage? Vielleicht zweierlei. - Zunächst: die „Kohtenstücke" wurden ursprünglich nicht mit den heute üblichen Schlingen verbunden, sondern hatten auch an den Längskanten Knopfleisten. Dazu habe ich schon etwas in ZEITUNG 3/2003 gesagt. - Außerdem ist die Herkunft des Kohtenkreuzes bis heute ungewiss. Durch diese wichtige Erfindung wurde die Kohte ja erst wirklich fahrtentauglich. Schnauz bemerkt dazu lapidar: „TUSKS geniale Erfindung war das „Kohtenkreuz", nachdem er sich so lange mit dem lappischen Stützbogen, ETNORISE genannt, abgequält hatte."26)
Sadarji verweist in einer E-Mail vom März dieses Jahres an mich auf einen Dr. Eugen Freiherr von Massenbach (Massa) vom alten DPB (Deutscher Pfadfinderbund) als möglichen Erfinder des Kohtenkreuzes. Immerhin bestand zeitweilig eine enge Verbindung zwischen dem DPB und tusk/dj.1.11. - Ende 1930 ging die DPB-Zeitschrift „Pfadfinder" in tusks „Lagerfeuer" auf.27) Zu Pfingsten 1931 trat dann die dj.1.11 als eigene Landesmark dem DPB bei.28) Aber bereits im Heft 11, November 1931 berichtet tusk „In eigener Sache" vom Bruch des DPB mit dem „Lagerfeuer" und beklagt seinen Ausschluss aus dem Pfadfinderbund. Die Leser des „Lagerfeuer" fordert er auf, entgegen dem Verlangen ihrer Führer am Bezug der Zeitschrift festzuhalten. Sein Vorschlag: „Macht es wie Zwingli, der seine Meinung sagte, bis er gevierteilt wurde."29)
Zurück zum Kohtenkreuz. - Es wäre logisch, Ernst Voos für seinen genialen Erfinder zu halten, immerhin hat er das bündische Feuerzelt zur Serienreife entwickelt. Leider sagt er zu dem Thema in seinem weiter oben zitierten Aufsatz nichts. Definitiv feststellbar ist immerhin, dass die Verwendung von exakt gefertigten Kohtenkreuzen ab dem „Sühnelager" von dj.1.11 (Ostern 1931 am Traunsee/Österreich) auf Fotos nachgewiesen werden kann.30) Dort waren laut zeko u. a. drei Tadep-Kohten aufgebaut. Er bemerkt in einer E-Mail an mich (ebenfalls vom März d. J.) u. a., dass auch Kohtenkreuze bei Tadep bezogen werden konnten. Dies gehe z. B. aus der dj.1.11-Zeitung „rakete" (einem reinen Nachrichtenblatt) Nr. 21 vom 3.2.1931 hervor. - Die Serienkohte war also von Anfang an für den Aufbau mit einem Kohtenkreuz konzipiert worden. - Sein Erfinder bleibt allerdings weiterhin (vorläufig?) im Dunkeln!
Bei der Durchsicht der Jahrgänge des „Lagerfeuer" und des „Eisbrecher" ist mir eine Merkwürdigkeit aufgefallen, die den Aufbau der dort abgebildeten Kohten betrifft. - Dass die tusk-Kohte von 1928 mit Hilfe einer größeren Anzahl von Stangen aufgestellt werden musste, habe ich bereits erwähnt (siehe auch das Foto S. 7 und die Zeichnung S. 11). Aber auch die späteren Serienkohten wurden anders aufgebaut, als wir das gewohnt sind. Bei allen in den beiden Zeitschriften auf Fotos oder in grafischen Darstellungen abgebildeten Kohten fehlt das uns geläufige Seil zum Aufhängen des Zeltes an den beiden gekreuzten Stangen oder an einem überhängenden Ast.
Kohte der Sturmtrupp-Pfadfinder aus den frühen Dreißigerjahren (heute im Eigentum der Pfadfinderschaft Grauer Reiter) mit Knopfverbindungen und Originalbemalung von Sven Brauns / Garmisch-Partenkirchen
Foto: sadarji (Kurt Ternes), Gerlingen-Giebel
Wie die Abbildungen im „Lagerfeuer" und „Eisbrecher" zeigen, wurden zwei oder vier Innenstangen benutzt, an denen das Kohtenkreuz seitlich im Rauchloch angebunden wurde, das übrigens größer war als heute üblich. - Die Stangen ragen dann oben oft nur kurz und stielartig aus der Kohte heraus, ohne miteinander gekreuzt und verbunden zu sein(s. die Darstellung auf S. 13 oder das nebenstehende Kohtenlager). Selbst wenn sie sich oberhalb des Rauchloches überschneiden, geht von dort kein Seil zum Kohtenkreuz hinunter, wie dies z. B. auch die Kohteninserate des Sankt Georg-Rüsthauses zeigen (s. S. 19).
Die verschiedenen von mir untersuchten Schriftenreihen sind heute nirgends mehr erhältlich. Aber viele der Aufsätze und andere Äußerungen tusks - nicht nur zum Kohtenthema - und auch kritische Würdigungen seiner Person und seines Wirkens sind weiterhin für jede und jeden zugänglich. Neben den von mir im nachfolgenden Quellenverzeichnis bereits zitierten beiden Titeln aus dem Südmarkverlag bzw. Verlag der Jugendbewegung (es ist derselbe Verlag nach Umbenennung) - „Leben auf den Wanderwegen der Rentiere" und „tusk - Versuche über Eberhard Koebel" - ist dort auch immer noch das wohl bekanntesten tusk-Buch erhältlich: Fritz Schmidt (Hg.): tusk - Gesammelte Schriften und Dichtungen, zweite, überarbeitete Auflage, Verlag der Jugendbewegung Witzenhausen 1996 (Die erste Auflage war 1962 noch von Werner Helwig herausgegeben worden.)
(Verlag der Jugendbewegung, Postfach 150330, 70076 Stuttgart/
verlag@jugendbewegung.de [9]/ www.jugendbewegung.de/verlag [8])
Grafik aus: dj.1.11 (Herausgeber), Eberhard Köbel (Schriftleiter): Der Eisbrecher, Heft 9, Verlag Günthe Wolff zu Plauen i.V. 1933, Seite 217
1) tusk: Das Zeltproblem, in: Eberhard Köbel/ Ingo Kaul
(Schriftleiter): Das Lagerfeuer - 21. Jahrgang des „Pfadfinder",
Heft 1, Atlantis-Verlag Berlin 1931, S. 10
2) Eberhard Koebel: Leben auf den Wanderwegen der Rentier-
herde - Übersetzt und mit einem Vorwort versehen von Eckard
Holler, mit Unterstützung von Elisabeth Gräfe und Manfred
Theil, Verlag der Jugendbewegung Witzenhausen 1998, S. 9
Titel der englischen Originalausgaben: Everard R. O. Koebel,
Life on the Tracks of the Reindeer Herd, in: The Geographical
Magazine, hrsg. v. Michael Huxley, Vol. III, No. 2/ June 1936,
London, S. 102-117
3) Eberhard Koebel: a. a. O., S. 11
4) Eberhard Köbel (Hg.): Briefe an die Schwäbische Jungenschaft
der Deutschen Freischar, Folge 6, Sommersonnwend 1928, S. 7
5) tusk: Das Zeltproblem, a. a. O., S. 7
6) Schnauz (Erich Mönch): Die Kohte, die Jungenschaftsjacke
und die Horte!, in: Grauer Elch - Karl Hils (Hg.), Der Graue
Reiter, Heft 17, Böblingen 1955, S. 17f.
7) vgl. Erich Meier: „Mir war wie einem Springbrunnen ...", Auf
Spurensuche: tusk 1928-1931, in: Fritz Schmidt (Hg.): tusk -
Versuche über Eberhard Koebel, Südmarkverlag Witzenhausen
1994, S. 16
8) Eberhard Köbel (Schriftleiter): Briefe an die Deutsche
Jungenschaft - Jungenzeitschrift der Deutschen Freischar
(Bund der Wandervögel und Pfadfinder), Heft 8, Ludwig
Voggenreiter Verlag Potsdam 1929, S. 1
9) Eberhard Köbel/ Ingo Kaul (Schriftleiter): Das Lagerfeuer -
21. Jahrgang des „Pfadfinder", Heft 1, Atlantis-Verlag Berlin
1931, S. 1f.
10) dj.1.11 (Hg.)/ Eberhard Köbel (Schriftleiter): Der Eisbrecher,
Heft 12, Verlag Günther Wolff zu Plauen i. V. 1933, S. 319
11) tusk: Der Kohtenstil, in: dj.1.11 (Hg.)/ Eberhard Köbel
(Schriftleiter): Der Eisbrecher, Heft 11, Verlag Günther Wolff
zu Plauen i. V. 1933, S. 281
12) Ernst Voos: Die Entstehung der Kohte - Erinnerungen an
tusk, in: Elisabeth Gräfe (Hg.): STICHWORT - Zeitschrift für
bündische Ältere, Heft 1, Verlag der Jugendbewegung
Stuttgart 1999, S. 40 f.
13) Ernst Voos: a. a. O., S. 41
14) Schnauz (Erich Mönch): a. a. O., S. 18
15) tusk: Deutsche autonome Jungenschaft, in: Eberhard Köbel/
Ingo Kaul (Schriftleiter): Das Lagerfeuer - 21. Jahrgang des
„Pfadfinder", Heft 1, Atlantis-Verlag Berlin 1931, S. 44
16) Deutsche autonome Jungenschaft, in: Eberhard Köbel/ Ingo
Kaul (Schriftleiter): Das Lagerfeuer - 21. Jahrgang des
„Pfadfinder", Heft 2, Atlantis-Verlag Berlin 1931, S. 43
17) Eberhard Köbel (Hg.): Das Lagerfeuer - 22. Jahrgang des
„Pfadfinder", Heft 1, Lasso-Verlag Berlin 1932, S. 39
18) Eberhard Köbel (Hg.): Das Lagerfeuer, Heft 2, Lasso-Verlag
Berlin 1932, S. 37
19) vgl. tusk: Die ersten Kapitel einer jungen Bewegung, in:
Jochen Hene (Schriftleitung): Der Eisbrecher, Heft 4, Verlag
Günther Wolff zu Plauen i. V. 1933, S. 96ff.
20) dj.1.11 (Hg.)/ Eberhard Köbel (Schriftleiter): Der Eisbrecher,
Heft 10, Verlag Günther Wolff zu Plauen i. V. 1933, hintere
Umschlagseite innen
21) Schnauz (Erich Mönch): a. a. O., S. 18
22) Eberhard Koebel: a. a. O., S. 10
23) Eberhard Koebel: a. a. O., S. 11
24) bill (Willi Claus): dj.1.11, in: Eberhard Köbel (tusk) (Hg.):
Das Lagerfeuer, Heft 5/6, Lasso-Verlag Berlin 1932, S. 8
25) vgl. die Tadep-Anzeige in: Eberhard Köbel (Hg.): Das
Lagerfeuer, Heft 5/6, Lasso-Verlag Berlin 1932, S. 47
26) Schnauz (Erich Mönch): a. a. O., S. 18
27) vgl. tusk: Verschmelzung von „Lagerfeuer" und „Pfadfinder",
in: Eberhard Köbel (Schriftleitung): Das Lagerfeuer, Heft 6,
Atlantis-Verlag Berlin 1930, S. 40
vgl. Hartmut (Wilhelm Fabricius): 20 Jahre deutsche
Pfadfinderei, in: Eberhard Köbel/ Ingo Kaul (Schriftleiter):
Das Lagerfeuer - 21. Jahrgang des „Pfadfinder", Heft 1,
Atlantis-Verlag Berlin 1931, S. 21
28) vgl. Fritz Berg: Zwei Bünde haben sich vereinigt, in: Eberhard
Köbel/ Ingo Kaul (Schriftleiter): Das Lagerfeuer - 21.
Jahrgang des „Pfadfinder", Heft 6, Atlantis-Verlag Berlin
1931, S. 41f.
29) tusk: In eigener Sache, in: Eberhard Köbel (Schriftleiter):
Das Lagerfeuer, Heft 11, Lasso-Verlag Berlin 1931, S. 37
30) vergleiche hierzu die Bild-(Foto-)seite VIII oben, in: Fritz
Schmidt (Hg.): tusk - Versuche über Eberhard Koebel,
Südmarkverlag Witzenhausen 1994
75 Jahre Kohte ... , von: dadarish (Dieter Geißler), in: Deutsche Freischar (Hrsg.) ZEITUNG 1/20047
Ob aus den Anfängen der Kohte oder heute. Es gibt viele Menschen, die sich mit der Geschichte, aber auch mitder Entwicklung der Kohte beschäftigen. Einige davon möchten wir euch auf Jurtenland gerne vorstellen.
Den Anfang macht dadarish, da er mit seinen Recherchen und Artikeln für die Zeitung - Deutsche Freischar sehr wertvolle Grundlagen für die "Kohtenforschung" gemacht hat.
dadarish am 1. Mai 2007 beim Öffentlichkeitstag von ´MYTILUS´ - Projekt bündischer Segelkutter in Hamburg
Foto: hagzissa (Elisabeth Gräfe)
Das meiste Wissen über Kohten und Jurten hat heute wohl dadarish gesammelt und veröffentlicht. Mit viel Liebe zum Detail spürt er in den Archiven der Jugendbwegung, in alten Publikationen und im Gespräch mit Menschen, denen der Anfang der Kohte noch denkt, der Herkunft und dem Werdegang der Kohte und Ihren geistigen Vätern nach. Gut gebündelt und verständlich dargestellt, veröffentlicht (und wiederveröffentlicht) dadarish vergessene und neue Fakten in der Zeitung - Deutsche Freischar.
Mit seiner Erlaubnis können wir auf Jurtenland diese Artikel einem breiten Leserkreis zu Verfügung stellen. Lesenswert sind insbesondere die beiden Artikel "75 Jahre Kohte [6] " und "75 Jahre Jurte [11] ".
Kurzportrait von dadarish
dadarish (Dieter Geißler). geboren 1946 in Wolfsburg; nach Abschluss der Volksschule Lehre als Elektromechaniker bei VW und anschließend Berufspraxis dort; nach Ableistung des Wehrdienstes auf dem ´Zweiten Bildungsweg´ Abitur und danach Studium hauptsächlich der Biologie und Politikwissenschaft in Braunschweig. Seit 1979 als Studienrat und Klassenlehrer an einer integrierten Gesamtschule in Braunschweig tätig.
Ab 1959 in bündischen Gruppen, 1963 zur Deutschen Freischar in Wolfsburg gegangen, dort u. a. Hortenführer, von 1983 bis 96 Bundesführer der Freischar, danach Mannschaftssprecher des Bundes; seit 1983 auch Redakteur der Bundesschrift ZEITUNG. Mitbegründer des ´Bündischen Forums´ und zwanzig Jahre lang in dessen Initiativkreis, seit vielen Jahren aktive Beteiligung am ´Verlag der Jugendbewegung - Südmarkverlag´, zwischenzeitlich auch mehreren Jahren Mitglied im Sprecherkreis (Vorstand) des Ringes junger Bünde (RjB) gewesen.
Eberhard Köbel alias Tusk schreibt in der Zeitschrift "Das Lagerfeuer" Nr. 1 im Januar 1931 folgendes über seine Überlegungen für ein praktisches Feuerzelt...
Du hast recht, wir haben gefroren heute nacht, wir waren steif und müd, als wir erwachten, wir standen länger als nötig ums Feuer, bevor wir das Zelt abbrachen, und marschierten dann weg in der Hoffnung, so unsere Glieder langsam wieder warm zu bekommen. Wäre es noch kälter gewesen, so hätten wir vielleicht mitten in der Nacht aufstehen, im schwarzen rauschenden Wald herumtapsen und dürres Holz suchen müssen, um uns ein Feuer zu machen. Wir hätten uns geärgert, daß unser Schlaf unterbrochen wurde, und wir hätten gar keinen Triumph gehabt. Vielleicht den, daß wir dieser kalten Nacht getrotzt haben, und damit hätten wir uns nachher vielleicht großgetan. Besiegt haben wir sie aber nicht. Ja, unsere Zelte sind ja nur ärmliche Unterschlüpfe. Es sind notdürftige Schlafzellen, in denen wir nicht länger bleiben als nötig. Wir sind nicht in ihnen zu Hause. Und ich will ja auch gern zugeben, obwohl ich viel größer und stärker bin als du, daß wir am Sonntagabend alle heimgezogen sind mit dem Gedanken: ich freue mich auf ein warmes Zimmer und auf ein Bett. Und doch hat's keiner ausgesprochen, weil er nicht schwach sein wollte.
Da fällt mir etwas ganz anderes ein: eine Winternacht im höchsten Norden. Vor mir zieht wie ein Schatten mein Freund. Der Schnee rauscht, bisweilen klappert ein Schneeschuh am ändern oder stößt einer unserer Skistöcke an einen Stein. Wir ziehen schweigend hintereinander her. Um uns ist alles grau. Rechts wissen wir in der Nacht einen Berg. Wir zwei haben verschiedene Muttersprachen, sind körperlich fast so verschieden gebaut wie Spitz und Pudel, und haben doch - er in seiner zischelnden, quäkenden Sprache und ich in der meinen - die gleichen Gedanken: in einer halben, in dreiviertel Stunden die Kohte, das Lappenzelt. Und so zogen wir müde durch den Schnee, brauchten uns nicht zu verständigen, wußten uns so einig wie zwei heimkehrende Pferde am Wagen. Und als wir schließlich den kleinen Abhang hinabglitten, an dessen Fuß aus einem großen, schwarzen Etwas Feuerschein und Gelächter drang, wußten wir: Jetzt ist alles gut. Jetzt kommt das Schönste, das es auf der Erde gibt: müde und hungrig mit frostigen Gesichtern durch die Klapptüre zu treten, sich nach herzlichen Grüßen auf die weichen Felle niederzulegen und ohne die Verpflichtung, ein Wort zu sagen, süßen Kaffee zu empfangen und Essen. Wir stellten die Schneeschuhe aufrecht in den Schnee und hörten, wie sie drinnen sagten, daß wir kämen. Als wir am Feuer saßen, erwachte unweigerlich wie jeden Winterabend im Lappenzelt die gemütlichste Stimmung. Dazu half alles: das lustige Gequassel des Mädchens, ein Seufzer eines schlafenden Hunds, der brodelnde Kessel und das Feuer, das Feuer. Ich dachte während dieser Nomadenzeit so manches Mal, es werde ja unmöglich sein, jemals Tage, Wochen ohne freies Feuer zu erleben.
Aber diese Stimmung kann ich dir nicht beschreiben. Der mörderische Winterwald schweigt. Vielleicht fällt ein Schneekuchen von einer Tanne, vielleicht kracht auch ein Baum vor Kälte. Schritte werden kaum kommen. Der Wald wird winters nachts gemieden. Wilde Tiere wirst du nicht hören, denn sie sind weggezogen oder scheu. Das mußt du selbst erleben.
Wir haben hin und her gegrübelt, wie wir oft Nächte im Feuerzelt erleben können. Als ich einmal vom Norden kam, haben wir Stuttgarter eine Kohte gebaut. Wollten sie mitnehmen auf Fahrten und Lager. Wir wollen einen kleinen Ersatz dafür haben, daß wir nicht so glücklich sind, als Lappen oder Indianerjungen zur Welt gekommen zu sein und das Feuer als eine Selbstverständlichkeit mit uns zu führen wie unser Messer. Das Zelt, in dem wir unsere Feuernacht verleben wollten, mußte sein:
Wir dachten zuerst daran, die geniale lappische Kohtenkonstruktion zu übernehmen. Sie ist so: zwei aus starkem Holz gebogene Parabelbögen werden mit ihren Enden in die Erde gesteckt, so daß immer ein Ende des einen bei einem Ende des anderen ist. Sie werden gleichmäßig mit den Scheiteln voneinander weggeneigt. Die beiden Scheitel sind mit einer starken Stange verbunden. Nun werden rings an die Parabelbögen Stangen gelehnt, die mit dem Ende, das auf der Erde steht, einen Kreis bilden. Die Neigung der Stangen ist die gleiche wie die der Parabelbögen. Der geometrisch Gebildete weiß, daß dann ein ganz besonders „idealer" Fall entsteht: ein Kegel (das Zelt) wird von zwei Ebenen, die je einer Mantellinie parallel laufen, in zwei Parabeln geschnitten. Die Parabelbögen, die wir immer lappisch „otnoris" nannten, sind je aus zwei Teilen zusammengesetzt, die aus gerade gewachsenen Birken gebogen werden. Ein zweites Wunder ist, daß fast genau eine halbierte Parabel entsteht, wenn man den Stamm eines gerade gewachsenen Baums nach der Seite biegt. Diese Bauart ist jahrhundertelang von den wunderlichen Nomaden verwendet worden, ist etwas derartig Einfaches und denkbar Praktisches, daß man darüber nur staunen kann. Nicht jeder Ingenieur hätte die Aufgabe eines freitragenden, runden Spitzzeltes mit möglichst wenig Baumaterial so großartig gelöst wie diese Wilden, die zwar schon mit sechs Jahren eine Sprache sprechen, die die unsrige fast um das Doppelte an Ausdrücken übertrifft, die aber von allen Missionaren, Ärzten und Verwaltungsbeamten als dumm bezeichnet werden.
Auf der Wanderung haben es die Nomaden nicht schwer, die Otnorisse mitzuführen. Sie hängen sie im Sommer, wenn es keinen Schnee gibt, mit den stark gebogenen Enden rechts und links an einen Rentierrücken und schleifen die Spitzenenden nach. Ebenso machen sie es mit den Zeltstangen. Im Winter ist es noch einfacher. Da wandert man mit Schlittenzügen von sechs bis sieben Schlitten, die zur Kette zusammengebunden sind: Rentier - Schlitten - Rentier - Schlitten - Rentier - Schlitten. Fürs Zeltgestänge benützen sie ein kleines Fahrgestell, den „rachppo", an dem sie das ganze Bündel mit dem einen Ende festbinden und als Abschluß des Schlittenzuges nachschleifen lassen. Als wir durch einen steinigen steilen Wald auf der Herbstwanderung zu Tale fegten und jeder Schlitten das nachfolgende Rentier, das an ihm angebunden war, zum wilden Galopp zwang, riß an einem Felsen der „rachppo" ab. Durch den Ruck wäre dem Rentier fast der Kopf vom Hals gerissen worden. Und obwohl ich, der ich auf solche Unglücksfälle zu achten hatte, das sofort bemerkte, mußten wir noch ein großes Stück weiter den Berg hinunterfahren, bis wir endlich die Kette zum Stehen brachten. Der fünfjährige Peter-Niels, der im zweiten Schlitten wohlverpackt saß, heulte herzzerreißend in den stummen Wald hinaus.
Aber wenn wir in Stuttgart eine Kohte bauen wollten, dann müßten wir sorgen, daß wir in der Eisenbahn die Teile mitführen könnten, denn anders können wir nicht zu unsern Lagerplätzen kommen. Und da war es schon ganz unmöglich, „otnorisse" herzustellen, die in so kleine Teile zerlegt werden können, daß sie die Eisenbahn zuließ. Drum bauten wir unsere Kohte nach einem anderen lappischen Rezept, nach dem die Wächterzelte oft gebaut werden. Man schnürt aus vielen Zweigen einen großen Reif, der zur Stütze oben in das Zeltgebäude hineingebunden wird. Das war keine gute Lösung, denn der Bau der Kohte brachte so viel Mühe und der Wind verbog sie oft bedenklich. Wir nahmen grüne Zweige, die elastisch und steif waren, zum Ring. Wenn nun darunter das Feuer brannte, verbog sich auch noch der Ring, und die Kohte wurde immer jämmerlicher, je länger sie stand. Das Tuch bestand aus einem Stück, das allerdings lange nicht so schwer war, wie wir uns dachten, und hatte die Form eines Napfkuchens, aus dem ein Drittel schon herausgeschnitten ist. Die Zeltstöcke konnten auseinandergenommen werden und waren ein eisenbahnfähiges, aber schweres Bündel. Die Tür war echt lappisch, ein Dreieck, das mit kleinen Leisten versteift war. Sie konnte aufgerollt werden wie eine Baderolle und trug das Zeichen unseres früheren Bundes, die Freischarlilie. Natürlich hatten wir das Zelttuch in schönen Farben zusammengenäht (allerdings mit weiblicher Hilfe). Der Entwurf entsprang einem Wettbewerb innerhalb der Stuttgarter Gruppen. Aber das Problem war mit der Kohte noch nicht gelöst.
Zu gleicher Zeit ging eine Berliner Gruppe von anderer Seite an das Problem heran. Sie lehnten sich ans Indianertipi an. Es wird mit einer Anzahl sehr langer Stangen, die in bestimmter Höhe zusammengebunden sind, geformt. Auch sie hatten Verpackungsschwierigkeiten und konnten ihr Zelt nur an wenigen einsamen Stellen, an denen sie immer Stangen versteckt hielt, bauen. Also auch keine bessere Lösung. Wir haben weitergedacht und weitergesonnen und hoffen uns nah am Ziel. Wir glauben, daß wir eine große Erfindung gemacht haben. Es ist eine Zeltbahn, die größer ist als die ändern, und mit der man leicht und rasch ein Feuerzelt bauen kann. Wir haben vorerst nur Versuchsstücke. Sobald diese erprobt sind und die Zeltbahn hergestellt wird, werden wir hier im „Lagerfeuer" eine Beschreibung geben.
Ja, wir glauben, daß es eine Erfindung ist, wie damals die Erfindung, daß man nicht unbedingt ein Bett zum Schlafen brauchte, sondern auch in der Scheune übernachten könne. Oder wie die Erkenntnis, daß ein Bund von Gleichgesinnten auch die gleiche Tracht haben müsse. Dörferweise werden im kommenden Jahr in einsamen Waldwinkeln die farbigen, rauchenden Kohlen beieinanderstehen. Drinnen wird man noch lieber sein als draußen. Man wird sich freuen, wenn es regnet oder schneit, denn es wird dann im Feuerzelt um so gemütlicher.
Der Text wurde uns freundlicherweise vom Verlag der Jugendbewegung [1] zu Verfügung gestellt und ist wiederveröffentlicht in tusk - Gesammelte Schriften und Dichtungen [13]
Im Eisbrecher 11/August 1933 schreibt tusk (Eberhard Köbel) folgendes über die Kohte:
Wir wollen uns die Welt der Kohte reinhalten. Nicht vom gerechten Schmutz des Waldes, von Sand, Lehm und Asche, sondern von der Zivilisation. Euer ganzes Denken muß auf Kohtenfahrt der Natur zugewandt sein. Ein in der Kohte liegendes Fahrrad ist ebenso stillos wie eine Kohte, die auf einem Kasernenhof aufgestellt ist. So wollen wir auch die Inneneinrichtung nach bestimmten Gesichtspunkten gestalten und nicht immer das Praktische und Vernünftige dem Schönen und Ästhetischen voranstellen. In der Mitte wird ein Herd angelegt. Das ist nur ein Kreis von Steinen, der das Überwandern des Feuers verhindern oder erschweren soll. Er ist höchstens so groß wie das Rauchloch, das senkrecht über ihm liegt. Vom Kreuz herab hängt die Kochkette. Auf Kohtenfahrt sind Pötte mit einem Bügel denen mit zwei Henkeln vorzuziehen. Mühelos können sie jederzeit an die Kette gehängt und in ihnen gekocht werden. Tee sollte immer verfügbar sein in der Kohte.
Der Eingangsschlitz wird natürlich nicht dem Wind entgegen angelegt. Gegenüber dem Eingang wird auch oft ein kleiner Schlitz aufgeknöpft und auseinandergespannt, damit das Feuer besser zieht. Der Platz zwischen Herdkreis und Kohtentuch der Tür gegenüber heißt „puaschu". Dort werden die Vorräte, Kochgeschirre, Pötte, Pfannen zum Kochen und Backen usw. aufbewahrt. Der Boden, auf dem man sitzt und liegt, kann mit Birken-, Tannen- oder Weidenreisig bedeckt werden. Das ist dringend nötig, wenn man auf Schnee lagert. Sonst lohnt es sich nur, wenn man länger bleibt. Zwischen Tür und Feuerkreis können zwei Stollen gelegt werden, die das Sitzreisig vom Eingang abhalten. Zwischen ihnen, gerade zwischen Tür und Feuer, legt man das Brennholz. So kann man heizen, ohne die Kohte zu verlassen.
Wenn der Vorrat aufgebraucht ist, holt man neuen herein. Das Beil soll immer rechts neben der Tür liegen. Uhren, Messer und Kordeln werden am besten an die Stützstangen gehängt.
Gewöhnt euch an, nur die Sitzstellungen in der Kohle zu dulden, die wenig Platz wegnehmen. Wenn man es oft übt, ist es eine Kleinigkeit, auf den Knien zu kauern oder zu sitzen wie ein Türke. Zwanzig, vierundzwanzig Leute können dann in der Kohte ums Feuer sitzen, während mit Feuer zwölf, ohne Feuer bis zu zwanzig in ihr schlafen können.
Wache also darüber, daß die Kohte ihre eigene Welt behält! Suche den schönsten Platz! An ihm soll sie sich harmonisch in die Landschaft fügen. Dulde weder Radio noch blöde Gesinnung in ihr. Die Kohte soll euch hinausführen in die echtesten und tiefsten Gebiete und Stunden der Heimat.
Schmücke dein Heim! Schmücke deine Kohte mit einem Ornamentstreifen. Der Ornamentstreifen ist weiß und wird parallel zu den unteren Kanten im Abstand von 50 cm von ihnen auf die Außenseite des Kohtenstücks aufgenäht. Er ist 30 cm breit. Von der ganzen großen Fläche des Kohtenstücks soll nur er bemalt werden. Dies soll sachgemäß und künstlerisch einwandfrei geschehen. Es hat keinen Wert, seine Gebrauchsgegenstände mit flüchtigen schlechten Schmuckformen zu verzieren, die jedesmal das Auge beleidigen, wenn es sie sieht. Es soll auch nicht sinnlos eine Form von der anderen übertroffen werden. Daher ist der kleine 30 cm breite Streifen rings um die Kohte das einzige Feld, in dem der eigene Geschmack der Gruppe zum Ausdruck kommen soll. Als Farben dürfen verwendet werden: Schwarz, Zinnoberrot und Kobaltblau. Die vier zusammengehörigen Kohtenstücke sollen den gleichen Ornamentstreifen tragen. So lassen sie sich auch leicht wiedererkennen und finden. Nur wenige Gruppen haben einen Künstler in ihrer Reihe, der ein geschmackvolles Ornament entwerfen kann. Aber jede Gruppe wird mühelos den besten Graphiker von dj. 1.11 kennenlernen und finden können. Der klein aufgemalte Entwurf wird nun auf die richtige Größe gebracht. Dies wird am besten durch Netzvergrößerungen erreicht.
Nun werden die weißen Rohleinenstreifen aufgespannt. Das ganze Ornament wird in der richtigen Größe in Schablonen aus Karton geschnitten. Man kann entweder eine große Schablone für die rote Farbe und eine ebenso große für die blaue Farbe machen, oder aber man macht für jede einzelne Rosette und Figur eigene kleine Schablonen. Wenn die Schablonen fertig sind, greift man zur Ölfarbe. Zum Schablonieren ist ein dicker, steifer Pinsel, wie ihn die Anstreicher benützen, das beste. Er wird sehr sparsam in die Farbe getaucht und sehr gut abgestreift. Der häufigste Fehler ist, daß die Farbe zu dick, wie bei einem Ölgemälde, aufgetragen wird. So dick aufgetragene Farbe hat keine Leuchtkraft und bricht beim Gebrauch des Kohtenstücks wie Siegellack. Die weiße Grundfarbe des Rohleinen muß immer durchschimmern. Selbstverständlich ist, daß beim Malen die Schablone ganz fest an den Stoff gepreßt wird und mit dem Pinsel stets von der Schablone zum Stoff gefahren wird. Besonders reizvoll ist, wenn man die schablonierte Fläche nicht gleichmäßig, sondern etwas wolkig färbt, was dann zustande kommt, wenn man zu wenig Farbe im Pinsel hat.
Die Ornamentstreifen malt man auf Rohleinen. Dieser Stoff ist sehr billig. Man erhält ihn überall. Weil er sich anders zieht als Kohlenstoff, muß man die ungeschmückte Kohte in Regen bringen oder waschen und trocknen lassen. Ebenso muß man die Rohleinenstreifen in Wasser legen und ungespannt trocknen lassen.
Der fertig gemalte Streifen wird jetzt mit der Nähmaschine aufgenäht. Dabei ist besonders darauf zu achten, daß besonders der obere Rand ganz eng ans Kohtenstück anliegt. Sonst fängt sich bei Regen das Wasser in ihm und sickert in die Kohte. Es ist ein aufregendes Bild, wenn ein Dutzend oder mehr Kohlen mit schönen Ornamenlstreifen im Lagerkreis stehen. Es wird immer Wellbewerbe nach dem schönsten Kohtenornament im Gau geben.
Der Neuling findet die Kohte furchtbar unpraktisch, weil es ja oben hereinregnen kann. Er vergißt, daß nur die allergeringste Zeit des Jahres Regen oder Schnee fällt. Und daß es ganz unberechtigt ist, daß wir diesen wenigen Stunden zuliebe uns vom Anblick des freien Himmels durch ein festes Dach abschließen. Aus der Kohte kann man tags jederzeit zum Himmel nach dem Weller sehen und nachts zu den Sternen. Wenn es wirklich regnen sollle, kann man eine Zeltbahn oder einen eigens angefertigten Verschluß übers Rauchloch streifen. Oft wird man vorziehen, bei offenem Rauchloch ein starkes Feuer zu unterhalten oder es einfach auf die kleine Feuerstelle, auf der man ja ohnedies nicht sitzt, regnen zu lassen. Es gibt Wolkenbrüche, denen die beste Zeltbahn nicht standhält, so daß der Regen durchsprüht. Dann muß man die ganze Kohte von innen befeuchten, so daß das Wasser an ihr hinabfließt und nicht auf uns innen tropft.
An stürmischen Tagen wird man gut daran tun, die Kohte in Windschutz zu bauen. Man wähle dann dickere Stützstangen und baue sie in der Windrichtung auf. Man kann ein übriges tun und die Stützstangen durch zwei weitere verstärken, mit denen man den zweiten oberen Kreuzstab stützt. Selbstverständlich ist es dann ratsam, lange Heringe tief einzuschlagen, vielleicht sie mit Steinen oder einem zweiten Reservehering zu befestigen. Wie ich schon schrieb, ist es nicht bekanntgeworden, daß der Sturm eine deutsche Kohte umgerissen hat. Größer scheint die Feuersgefahr zu sein, vielmehr der Leichtsinn, mit dem man versucht, das für die Kohte größtmögliche Feuer zu entfachen. Man darf nicht vergessen, daß der obere Teil einer Kohte, in der einen Tag lang Feuer brannte, ganz trocken und mit leicht entzündbarem Ruß bedeckt ist.
Bei starkem Wind und schlechtem Wetter will der Rauch nicht hinaus. Manchmal hilft ein Rauchfang über der einen Seite des Rauchlochs. Aber oft hilft es nicht. Die Augen tränen, man muß sich tief setzen. Ich sah schon, wie Jungen dann Gasmasken überzogen. Ich weiß aber nicht, ob das hilft. Im allerkältesten Winter umgibt man die Kohte am besten mit dürren Bäumen und Reisig, um die ärgste Kälte abzuhalten. Man lasse nicht zuviel Schnee auf dem Kohtentuch liegen. Sein Gewicht kann nicht nur Kohlen, sondern ganze Häuser erdrücken. Winterlager in der Kohte ist auf jeden Fall nur zu empfehlen, wenn die Gruppe vollständig mit Schafpelzschlafsäcken ausgerüstet ist und sich reichlich trockenes Holz beschafft hat. Auch dann sind scharfe Äxte unentbehrlich. Wenn das Winterlager nur aus Skifahren und Schlafen im Pelz bestünde, so wäre es nicht schlimm, aber Kochen, Essen, Kleidertrocknen, Vorlesen und Musikmachen in der eisigen Luft versetzt den Körper und den Geist in eine fortwährende Abwehrstellung gegenüber der zudringlich kalten Natur.
Der Text wurde uns freundlicherweise vom Verlag der Jugendbewegung [1] zu Verfügung gestellt und ist dessen Buch tusk - Gesammelte Schriften und Dichtungen erschienen [13]
Pato und Momo vom Zauberwald Verlag schreiben zwar keine Bücher über Kohten und Jurten, aber als ordentlich sortierter Schwarzzeltbauer sollten dir deren beide Bücher "Der kleine Komolze [18] " und der "Codex Patomomomensis [19] " nicht fehlen. Ersteres ist ein leckeres Kochbuch für Pfadfiner und andere Jugendgruppen auf Fahrt und im Zeltlager.
Die Rezepte sind oft auf eine witzige Art und Weise kommentiert, so dass du den kleinen Komolzen auch unter der Bettdecke zuhause lesen kannst, ohne dass dir langweilig wird. Die Gefahr besteht allerdings, dass dir das Wasser im Munde zusammen läuft.
Der "Codex" ist das passende Liederbuch dazu. Robust im Hardcover verpackt, übersteht das Buch auch beengte Verhältnisse im Rucksack und erklärt dir dazu noch manches um die Lieder herum. Gleich das zweite Lied im Buch ist übrigens von tusk.
Die beiden praktischen Bücher findest du auch im Shop von Jurtenland [20]
aus Eisbrecher 12 / 33
Bei unseren Recherchen im Archiv der Jugendbewegung auf Burg Ludwigstein sind wir in der Zeitschrift "Eisbrecher", Ausgabe 12 / 33, auf der letzten Umschlagseite auf das obige kleine Inserat gestossen.
Es kündigt bereits 1933 ein Ausbildungsheft zur Kohte an. Laut Bibliographie hat dieses Heft aus der Reihe "Allzeit Bereit" 32 Seiten zum Thema Kohte.
Es beginnt mit dem Text...
[quote]
Du hast recht, wir haben gefroren heute nacht, wir waren steif und müd, als wir erwachten, wir standen länger als nötig ums Feuer, bevor wir das Zelt abbrachen, und marschierten dann weg in der Hoffnung, so unsere Glieder wieder warm zu bekommen. Wäre es noch kälter gewesen, so hätten wir vielleicht mitten in der Nacht aufstehen, im schwarzen rauschenden Wald herumtapsen und dürres Holz suchen müssen, um uns ein Feuer zu machen. Wir hätten uns geärgert, dass unser Schlafunterbrochen wurde und wir hätten gar keinen Triumpf gehabt. Vielleicht den, dass wir dieser kalten Nacht getrotzt haben, und damit hätten wir uns nachher vielleicht groß getan. Besiegt haben wir sie aber nicht.
Ja unsere Zelte sind ja nur ärmliche Unterschlüpfe. Es sind notdürftige Schlafzellen, in denen wir nicht länger bleiben als nötig. Wir sind nicht in ihnen zu hause. Und ich will ja auch gern zugeben, obwohl ich viel größer und stärker bin als du, dass wir am Sonntag Abend alle heimgezogen sind mit dem Gedanken: ich freue mich auf ein warmes Zimmer und auf ein Bett. Und doch hat's keiner ausgesprochen, weil er nicht schwach sein wollte.
Da fällt mir etwas ganz anderes ein: eine Winternacht im höchsten Norden. Vor mir zieht wie eich Schatten mein Freund. Der Schnee rauscht, bisweilen klappert ein Schneeschuh am andern, oder stößt einer unserer Skistöcke an einen Stein. Wit ziehen schweigend hintereinander her. Um unsist alles grau. Rechts wissen wir in der Nacht einen Berg. Wir zwei haben verschiedene Muttersprachen, sind körperlich fast so verschieden gebaut, wie Spitz und Pudel, und haben doch - er in seiner zischelnden, quäkenden Sprache und ich in der meinen - die gleichen Gedanken: in einer halben in dreiviertel Stunden die Kohte, das Lappenzelt. Und so zogen wirmüde durch den Schnee, brauchten uns nicht zu verständigen, wußten uns einig wie zwei heimkehrende Pferde am Wagen. Und als wir schließlich den kleinen Abhang hinabglitten, an dessen Fuß aus einem großen schwarzen Etwas Feuerschein und Gelächter drang, wußten wir: jetzt ist allesgut. Jetzt kommt das Schönste, das es auf der Erde gibt: müde und hungrig mit frostigen Gesichtern durch die Klapptüre zu treten, sich nach herzlichen Grüßen auf die weichen Felle niederzulegen und ohne die Verpflichtung, ein Wort zu sagen, süßen Kaffee zu empfangen und Essen. Wir stellten die Schneeschuhe aufrecht in den Schnee und hörten, wie sie drinnen sagten, dass wir kämen. Als wir am Feuer saßen, erwachte unweigerlich, wie jeden Winterabend im Lappenzelt die gemütliche Stimmung. Dazu half alles: das lustige Gequassel des Mädchens, ein Seufzer eines schlafenden Hundes, der broddelnde Kessel und das Feuer, das Feuer. Ich dachte während dieser Nomadenzeit so manches Mal, es werde ja unmöglich sein, jemals Tage, Wochen ohne freies Feuer zu erleben.
Aber diese Stimmung kann ich dir nicht beschreiben. Der mörderische Winterwaldschweigt. Vielleicht fällt ein Schneekuchen von der Tanne. Vielleicht kracht auch ein Baum vor Kälte. Schritte werden kaum kommen. Der Wald wird winters nachts gemieden. Wilde Tire wirst du nicht hören, denn sie sind weggezogen oder scheu. Das mußt du selbst erleben.
Wir haben hin und her gegrübelt, wie wir oft Nächte im Feuerzelt erleben können.
[/quote]
Bei seiner Beschreibung bezieht tusk sich auf seinen winterlichen Aufenthalt in Lappland. Er verbingt dort mehrere Monate alleine unter den Samen, der ursprünglichen Bevölkerung des Landes, die Anfang des 20. Jahrhunderts fast noch ausschließlich in ihren Kotas leben.
tusk arbeitet und lebt mit den Samen. Lernt ihren Lebensstil kennen und ihre Behausung, die Kota, das Lavvu oder eben die Kohte zu schätzen.
Seit er zurück ist, arbeitet er mit Freunden an einer schwäbischen Variante dieses Nomadenzeltes. In diesem Ausbildungsheft veröffentlicht er seine Idee, den langen Weg und schließlich auch die Ergebnisse, welche die Kohte zu einem fahrtentauglichen Zelt machen.
Auf 32 Seiten des kleinen Heftchens geht tusk auf folgende Punkte ein:
tusk bezieht sich auf die alten Wandervögel, die um die Jahrhundertwende (1900) auf ihren Fahrten noch in Scheunen übernachten und dann die Zelte des Miltärs entdecken und für ihre Zwecke verwenden.
Mit wenigen Zeichungen und ausführlichen Beschreibungen verdeutlich tusk Anforderungen an die bekannten Nomadenzelte, wie auch dem Tipi.
Mit dem Bau einer Ringkohte versucht sich tusk an einem Prototypen, der zwar eine Kohte darstellt, aber kein echtes transportables Fahrtenzelt nach seinen Ideen gibt. Diese Ur-Kohte soll zuletzt im Besitz einer Mannheimer Jungenschaftsgruppe gewesen sein.
In diesem kurzen Kapitel beschreibt tusk sowohl die ersten Kohtenstück, als auch die Konstruktion der kompletten Kohte. Hier sind die Planen schon wie heute geschnitten, besitzen jedoch noch ausschliesslich Doppelknöpfe und Knopflöcher zum verbinden. Das Kohtenkreuz (die Kreuzstäbe) ist bereits erfunden.
tusk schildert in wenigen Worten den Aufbau und mögliche Varianten. An dieser Methode hat sich bis heute nicht viel verändert, lediglich wurden damals Innenzweibeine verwendet.
"Wir wollen uns die Welt der Kohte reinhalten", schreibt tusk. Dabei geht es im weniger um den Schmutz, sondern um die Einrichtung und auch die Einstellung zur Kohte. Sie soll den Kontakt zur Natur ermöglichen.
"Schmücke dein Heim" Alle frühen Kohten haben diesen breiten, hellen Ornamentstreifen. Zur Zeit von tusk wurde dieser geschmückt und aufgenäht. tusk legt sogar die Farben fest, die verwendet werden sollen,schwarz, zinnoberrot und kobaltblau (auf hellem Rohleinen).
Größere Zeltformen aus Kohtenstücken scheinen noch nicht bekannt zu sein. Die Lokomotive jedoch war schon erfunden. Es sollen bis zu 8 Personen darin Platz finden.
Ein kleiner Absatz erzählt auch, wie die Kohte verpackt und transportiert wird, von der "Affenrolle" distanziert sich tusk mit der Begründung, es wäre unschön, Plane und Schlafsack in einem zusammen zu rollen.
Das letzte Kapitel widmet sich Wind und Wetter. Hier gibt tusk reichlich Tipps, wie auch die größten Unbillen zu überstehen sind. Die Abdeckung des Rauchlochs ist damals noch nicht gebräuchlich. Schließlich sollst du zu allen Tages- und Nachtzeiten den Himmel und das Wetter sehen.
In der Wikipedia, als auch anderen Wikis, wie hier dem Scout-o-Wiki, können Artikel inzwischen als echte Bücher herausgegeben werden. Dies kann und darf jeder tun, der in diesen Wikis angemeldet ist.
Wir haben dies ausprobiert und die wichtigsten Artikel zum Thema Schwarzzelte zusammengestellt und bei Pediapress uns dieses Buch mit etwa 60 Seiten und vielen schönen Bildern bestellt.
Und das beste ist: Jeder von euch kann sich das Büchlein ebenfalls bestellen. Es kostet 8,90 Euro (und wir selbst verdienen nix daran).
Hier findest du die Zusammenstellung von Jurtenland bei Pediapress [24]
Was meinst du zu dieser Möglichkeit Online-Inhalte so für das Zeltlager oder als kleine Geschenke aufzubereiten?
Träumst du von Lappland? Lockt dich die Einsamkeit des Fjälls? Der "Fahrtbericht 29" von tusk (Eberhard Köbel) legte den Grundstein für zahlreiche Lapplandfahrten. Wer heute dort war, weiß, dass die Schilderung nichts von ihrer Faszination verloren hat
Enthalten sind auch zahlreiche Fotographien von tusk - Eberhard Köbel und den Mitgliedern seiner Horde.
Fahrtbericht 29
tusk - Eberhard Köbel
Piratenbücherei Band 23
108 Seiten
9,80 Euro
Das Buch gibt es bei:
Verlag der Jugendbewegung
www.jugendbewegung.de [1]
Die Wiederentdeckung eines bemerkenswerten Aufsatzes über das Leben der Lappen von Eberhard Koebel (tusk), aus dem Englischen übersetzt und mit einem Vorwort versehen von Eckard Holler. tusks einfühlsame und genaue Beobachtung des Lebens in Nordskandinavien weist ihn als profunden Lappland-Ethnologen aus.
Wir meinen:
Ein sehr schönes kleines Büchlein, mit einem ausführlichen Vorwort. Darin geht Eckard Holler sehr ausführlich auf die Entstehung der Kohte ein.
40 Seiten
Best. Nr. 143
Euro 4,80 (DM 9,39)
Verlag der Jugendbewegung
www.jugendbewegung.de [1]
Die "Neue Fährte" war in den vierziger Jahren "das große Handbuch für Jungen". In drei Teilen beschreibt es
Vor allem die ersten beiden Teile bergen für Kohtenbegeisterte die eine oder andere Fundstelle zum Lesen. Doch das ganze Büchlein aus der Piratenbücherei des Verlag der Jugendbewegung ist sehr zu empfehlen.
Vieles ist sicher noch heute aktuell, auch wenn der ursrüngliche Text bald an die 70 Jahre alt sein wird. Ende der 60er hat Heinz Kröher das Buch nochmal überarbeitet, schreibt jedoch im Vorwort, dass es nicht mehr viel zu ändern gab.
Neue Fährte
Das große Handbuch für Jungen
Südmarkverlag Fritsch KG 1979
ISBN 3-88258-002-X
Zu beziehen im Verlag der Jugendbewegung [27]
David Person spricht von der Magie des runden Raumes. In seinem Buch "Zelte Tipis Jurten" erzählt er von Menschen, die sich irgendwo auf der Welt für das freie, naturnahe Leben in einem Zelt, einer Jurte oder einem Tipi entschieden haben.
Ebenfalls enthält es praktische Tipps für Menschen, die sich mit der Idee tragen ebenfalls eine längere Zeit z.B. in einer Jurte zu verbringen. Viele Foto machen Lust auf das Abenteuer und zahlreiche Skizzen erläutern Aufbau und Funktion von Jurten und Tipis.
Lesenswert, aber nur noch antiquarisch erhältlich.
Zelte Tipis Jurten
David Pearson
AT Verlag, 2002
ISBN 3-85502-774-9
Aus dem Englischen übersetzt von Gunther Seipel
Originaltitel: Yurts, Tipis and Benders
Gaia Books Limited, London, 2001
Im Dezember 1955 erscheint kurz nach dem Tod von tusk "Der Graue Reiter 17". Was damals ein schriftlicher Nachruf auf tusk und sein Erbe in der Jugendbewegung war, ist heute ein aussagekräftiges Dokument. Darin ist unter anderem auch die Grabrede von Hans Seidel am 15.10.1955 enthalten, sowie die Blickpunkte von verschiedenen Menschen auf das Leben und Wirken von Eberhard Köbe, alias tusk.
Mit der freundlichen Erlaubnis von der Schriftleitung (http://www.schriftleitung.org [29]) können wir dir dieses Dokument hier zum Download anbieten. Alternativ kannst du es auch direkt bei der Schriftleitung [30] einsehen.
Der Graue Reiter 17 [31]
Dezember 1955
Herausgeber: Grauer Elch, Karl Hils, Böblingen
Eberhard Koebels (tusk) Werke sind noch immer verblüffend aktuell und bedenkenswert. Kein anderer hat mit seinem revolutionären Stil die Jugendbewegung bis heute derart geprägt und ist zugleich immer umstritten geblieben. Die vorliegende, erweiterte und bearbeitete Neu-Herausgabe des Verlagsklassikers durch Fritz Schmidt ist eines der umfangreichsten editorischen Unternehmen jugendbewegter Literatur der letzten Jahre.
Wir haben das Buch sehr gerne gelesen. Es beschreibt in mehreren Fragmenten, wie es zur Kohte kam, gibt aber zugleich auch einen bewegenden Einblick in das Lappland der der 30er Jahre. Vor allem der Fahrtbericht 29 ist für Pfadfinder und andere Jugendgruppen heute noch Vorbild, wenn es um Reisen im Norden Europas geht.
Enthalten sind auch zahlreiche Graphiken von tusk - Eberhard Köbel, in welchen immer wieder die Kohten das zentrale Thema sind.
300 Seiten, Broschur
Best. Nr. 129
Euro 29,80 (DM 58,28)
Das Buch gibt es bei:
Verlag der Jugendbewegung
www.jugendbewegung.de [1]
Der Verlag der Jugendbewegung versteht sich als der Knoten im Netzwerk der Bündischen, eine sich traditionell immer wieder erneuernde Plattform zum Austausch, zur Anregung und Orientierung. Der Verlag ist kein Betrieb im eigentlichen Sinne, sondern ein bündisches Projekt. Ein Kreis aktiver Jugendbewegter trägt die Tagesgeschäfte, die Redaktionen und die Buchprojekte, selbstverständlich wirtschaftlich, aber doch im Ganzen ehrenamtlich. Aus den kleinen Anfängen des Verlags im Jahr 1948 ist derweil ein ganzes Spektrum an Publikationen erwachsen.
www.jugendbewegung.de [1]
Verlag der Jugendbewegung
Postfach 04 02 51
10061 Berlin
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[23] https://jurtenland.eu/category/tagsb%C3%BCcher
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[26] https://jurtenland.eu/category/tags/scout-o-wiki
[27] http://www.jugendbewegung.de/Buecher/Piratenbuecher/Neue-Faehrte::96.html
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[30] http://www.schriftleitung.org/contentserv/schriftleitung.org/index.php?StoryID=2334
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